Nicht erst seit dem Beginn der Smartphone-Ära spielen Kameras in Mobilgeräten eine große Rolle. Schon zu Zeiten der Feature-Phones waren sie ein wichtiges Verkaufsargument. Die Technik hat sich bis heute rasant weiterentwickelt, wodurch Smartphones für viele Menschen ein echter Ersatz für eine richtige Kamera sind. Doch was leisten die besten Exemplare heute schon und was ist in Zukunft zu erwarten? Wir werfen einen Blick auf den Status Quo und wagen einen Ausblick.
Das erfahrt ihr gleich
- Aktuelle Innovationen: Was Smartphone-Kameras heute bieten
- Gimbal-Kamera: Technik gegen unschöne Stöße
- Echter Zoom: Stufenlos näher an Motive
- Mehr Megapixel: Fluch und Segen zugleich
- Die Zukunft: Wo sich Smartphone-Kameras verbessern könnten
- Mehr Komfort: Verbesserungen bei der Handhabung
- Fazit: Smartphone-Fotografie mit klaren Grenzen
Von den ersten, hierzulande erschienenen Kamerahandys Nokia 7650, Panasonic EB-GD87 und Sharp GX10 bis zu modernen Smartphones war es ein langer und steiniger Weg. Die Kameras mit ihren 0,3- oder später meist 2,0‑Megapixel-Sensoren waren nicht mehr als eine Notlösung. Für den schnellen Schnappschuss einer Situation in Ordnung, haben sie Kameras nicht im Ansatz ersetzt. Heute sieht das etwas besser aus. Die verbauten Sensoren mit 12 bis über 100 Megapixel sorgen für hochauflösende Bilder, mehrere Linsen ermöglichen sogar Ultraweitwinkel-Aufnahmen und echten optischen Zoom. Auf einem großen Bildschirm betrachtet oder gedruckt sehen die Fotos noch immer sehr gut aus und müssen sich vor so mancher günstigen Kamera nicht verstecken.
Kein Wunder also, dass Smartphones diese mittlerweile für manche Nutzer*innen ersetzen. Für die meisten Anwendungen reichen sie vollkommen aus und bei spontanen Schnappschüssen sind sie ohnehin die erste Wahl. Dazu kommt, dass die Hersteller auch die Aufnahme von Videos mit digitaler Bildstabilisation, in Zeitlupe und sogar 4K-Auflösung ermöglichen. Unternehmen wie Apple, Samsung und Sony rücken bei der Vorstellung neuer Geräte die Technologien gerne in den Fokus – wissentlich, dass es bei den potenziellen Kund*innen gut ankommt. Der Konkurrenzdruck hat für einige Innovationen gesorgt. Diese sind aktuell besonders spannend:
Smartphones sind relativ kompakt und leicht. Fotos und Videos nimmst du damit vermutlich größtenteils aus dem Handgelenk auf. All das hat einen großen Nachteil, denn es lässt Aufnahmen schnell verwackeln. Fotos sind dann unscharf und Videos wirken unruhig. Bei vielen Modellen sorgt eine digitale Bildstabilisation für Abhilfe. Die Software im Smartphone versucht Stöße dabei auszugleichen. Das funktioniert natürlich nur zu einem gewissen Grad. Die Alternative ist ein Gimbal. Das ist ein Gerät, dass das Smartphone immer in der Waage hält. Allerdings entspricht das nicht dem Grundgedanken heutiger Handys, alles Wichtige mit an Bord zu haben. Für ein Gimbal will nicht jeder einen Rucksack mitschleppen und die Vorbereitungszeit kann manche Szene zerstören.
Das chinesische Unternehmen Vivo hat sich dafür eine Lösung überlegt, denn im Smartphone X51 Pro kam erstmals eine Kamera mit eingebautem Gimbal zum Einsatz. Das greift der digitalen Stabilisierung mechanisch unter die Arme und sorgt auch im neueren X60 Pro für weniger Verwackelungen bei Videos und Nachtaufnahmen. Weil die Technik kompliziert und nicht unbedingt günstig ist, hält sie nur die Hauptkamera stabil. Die weiteren Linsen müssen ohne Gimbal auskommen. Die Krux bei der Sache ist, dass der Bewegungsradios der Mechanik in einem Smartphone natürlich eingeschränkt ist. Im Vergleich zu einem richtigen Gimbal, musst du bei Drehungen oder ähnlichen Bewegungen also weiter eine ruhige Hand bewahren.
Hast du eine richtige Kamera zu Hause, die im Idealfall noch mit Wechselobjektiven arbeitet, dann kennst du das: Je größer die Brennweite, desto größer ist auch das Objektiv. Ein Tele für weit entfernte Motive, wie es etwa in der Tier- oder Sportfotografie zum Einsatz kommt, ist ein ganz schöner Brocken. Der Grund dafür ist natürlich der Abstand zwischen Linse und Brennpunkt. Hast du ein Zoom-Objektiv, dann fährt beim Erhöhen der Brennweite ein Teil davon vorne aus dem Gehäuse und macht es länger.
Auch Smartphones können höhere Brennweiten ermöglichen, allerdings geschieht das meist über eine separate Linse. Das ist einer der Gründe, wieso auf den Rückseiten moderner Geräte davon mehrere zu finden sind. Alternativ oder zusätzlich dazu gibt es dann den digitalen Zoom. Darunter leidet aber natürlich die Bildqualität deutlich. Echten optischen Zoom gab es lange Zeit nicht.
Der Durchbruch in diesem Gebiet ist Sony beim Xperia I Mark IV gelungen. Das Smartphone hat erstmals eine Linse mit echtem, stufenlos verstellbarem, optischem Zoom verbaut. Der reicht zwar „nur“ von Brennweiten zwischen 85 bis 125 Millimetern, ist aber eine echte Innovation. Gerade bei Videos macht sich das bemerkbar, wenn das Heranholen von Motiven ohne sichtbaren Sprung zwischen Kameras und ohne Qualitätsverlust möglich ist. Mit Sony selbst und dem Partner-Unternehmen Zeiss brauchte es aber gleich zwei Experten auf dem Gebiet, um dies möglich zu machen. Der echte optische Zoom ist ohne Zweifel eine Technologie, die hoffentlich Schule macht und schon bald in weiteren Geräten zum Einsatz kommt.
Die Megapixel beschreiben die Anzahl der Bildpunkte, die auf einem Foto oder Video zu sehen sind. Je höher die Zahl der Punkte, als desto höher aufgelöst gilt die Aufnahme. In der Praxis soll das für mehr Details, Schärfe und eine höhere Qualität beim Druck von Bildern sorgen. Unter den Herstellern von Android-Smartphones brach in den vergangenen Jahren ein Kampf um die höchste Zahl aus. Über 100 Megapixel sind da keine Seltenheit mehr.
Bei idealen Lichtverhältnissen kann das auch ein Vorteil sein, denn die Bilder sehen tatsächlich scharf aus. Zusätzlich wirkt sich die hohe Auflösung positiv auf den digitalen Zoom aus, denn Vergrößerungen verlieren weniger schnell an Qualität. Bei über- oder unterbelichteten Szenen kehrt sich der Effekt allerdings um. Die hohe Megapixel-Zahl sorgt bei den kleinen Sensoren für mehr Störungen und Artefakte, worunter die Bilder leiden. Nicht zuletzt deshalb setzt etwa Samsung bei seiner S‑Reihe auf relativ geringe Auflösungen, genau wie Apple bei seinen iPhones.
Etwas Abhilfe soll das „adaptive Pixel-Binning“ schaffen. Dabei zieht die Software bei Bedarf mehrere Pixel zu Gruppen zusammen. Das verringert die gesamte Auflösung und soll durch die zusätzlichen Informationen für bessere Bilder bei schlechten Lichtverhältnissen sorgen. Das funktioniert bisher zwar noch nicht immer zufriedenstellend, ist aber besser als ohne die Technologie.
Innovationen, wie oben genannt, tragen zu einer immer höheren Bildqualität bei. Allerdings sind Smartphone-Kameras noch immer nicht auf dem Niveau einer guten Kompaktkamera oder gar einer System- oder Spiegelreflexkamera. Daran ändern auch sämtliche Software-Tricks und pfeilschnelle Prozessoren nichts. Folgende Verbesserungen braucht es, damit die Kluft zwischen Handy und echter Kamera schrumpft:
Bei all den kleinen Problemen, die eine Kamera in einem Smartphone so haben kann, ist der Sensor mit Abstand das größte. Der Bildsensor bestimmt nämlich maßgeblich über das Endergebnis mit. Im aktuellen Sony Xperia 1 Mark IV kommt beispielsweise ein bereits recht großer 1/1,7“-Sensor zum Einsatz. Der misst etwa 7,6 x 5,7 Millimeter. Das ist noch immer deutlich kleiner als ein APS-C-Sensor (etwa 23,6 x 15,6 mm), wie er beispielsweise in einer Systemkamera zu finden ist. Vom Vollformat (36 x 24 mm) ist ein Smartphone-Sensor natürlich besonders weit entfernt.
Größere Sensoren würden eine deutliche Steigerung der Bildqualität bedeuten, allerdings unterliegen auch Smartphones den Gesetzen der Physik. Die Geräte sind sehr kompakt und bereits vollgestopft mit Technik. Da bleibt wenig Platz für große Sensoren. Dazu kommt, dass ein größerer Sensor nur mit einer entsprechenden Optik auch Sinn ergibt. Ein großer Sensor bringt ohne ein größeres Objektiv wenig. Dass in diesem Bereich also in absehbarer Zeit nennenswerte Fortschritte zu erwarten sind, ist somit eher unwahrscheinlich.
Smartphones liegen teils sehr gut in der Hand, sind aber für die Nutzung im Hochformat gemacht. Fotos und Videos schauen aber meist im Querformat einfach besser aus. Wer mit dem Handy fotografiert, kennt das wahrscheinlich: Der Touch-Auslöser ist suboptimal, das Auslösen mit den Seitentasten unbefriedigend und einen wirklich guten Griff gibt es auch nicht. Hier gäbe es durchaus Verbesserungspotenzial.
Tatsächlich hat das etwa LG mit dem G5 schon probiert. Das teilmodulare Smartphone hatte einen Griff mit Auslöser als Zubehör. Der war zwar angenehmer zu nutzen als das blanke Smartphone, aber eben auch nicht wirklich ergonomisch. Wer als Hobby oder gar professionell fotografiert, braucht diese Ergonomie allerdings, da längere Fotosessions keine Seltenheit sind. Auch hier ist ein Fortschritt eher unwahrscheinlich, da Smartphones in ihrem Formfaktor sehr festgesetzt sind. Ein Griff wäre in der Hosentasche eher störend.
Auch Komfortfeatures wie ein Zubehörschuh für Blitz, Fernauslöser & Co. sowie ein ¼‑Zoll-Gewinde zum direkten Anbringen auf Stativen sind wohl nicht zu erwarten. Da bleibt auch in Zukunft nur der Griff zu Zubehör.
Zugegeben: Die beiden oben genannten Technologien kommen schon heute in zahlreichen Smartphones zum Einsatz. Deren Bedeutung könnte in naher Zukunft aber noch deutlich wachsen. Das Thema „erweiterte Realität“ (Augmented Reality, kurz AR) könnte an Traktion gewinnen. Neben kleineren Spielereien ist AR auch für den Einsatz der Bildung und in der Navigation von Vorteil. Damit die Technik funktioniert, muss eine Smartphone-Kamera aber „in die Tiefe“ schauen können.
Dabei helfen Time-of-Flight-Sensoren und viel mehr noch die Umfelderfassung per Laser (LiDAR). Hier gibt es noch Raum für Verbesserungen, damit die Technik noch genauer ist und somit umfangreichere AR-Anwendungen ermöglicht. Der Blick über den Tellerrand könnte sich bei Smartphones ohnehin lohnen, denn die Kameras in den Geräten haben ihre größten Stärken vielleicht nicht zwingend im Anfertigen von Bildern oder Videos.
Die Hersteller von Smartphones bemühen sich sichtbar um Innovationen im Bereich der Kameras. Sony ist hier beispielsweise momentan besonders aktiv. Allerdings eint sie alle ein großes Problem: Heutige Geräte sind bereits stark auf Form, Größe und Gewicht optimiert. Das schränkt Verbesserungen deutlich ein, denn es fehlt schlichtweg der Platz dafür. Auch in Zukunft sind also eher kleinere Fortschritte und eher Bewegungen zur Seite zu erwarten. Das könnte etwa ein stärkerer Fokus auf AR-Technik sein. Richtig gute Kompaktkameras, Systemkameras und Spiegelreflex-Kameras ersetzen Smartphones also wohl weiterhin nicht. Aber das müssen sie vielleicht ja auch gar nicht.
Disclaimer Die OTTO (GmbH & Co KG) übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit, Aktualität, Vollständigkeit, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der auf updated.de zur Verfügung gestellten Informationen und Empfehlungen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die offiziellen Herstellervorgaben vorrangig vor allen anderen Informationen und Empfehlungen zu beachten sind und nur diese eine sichere und ordnungsgemäße Nutzung der jeweiligen Kaufgegenstände gewährleisten können.