Wenn die Sonne hinter dem Horizont verschwindet, verwandeln sich die grauen Straßen in ein buntes Lichtermeer. Aber diese einzigartige Atmosphäre auf einem Foto festzuhalten, ist gar nicht so leicht. Oft fängt die Kamera nur verwackelte oder gar schwarze Bilder ein. Dieser UPDATED-Ratgeber zeigt dir, wie du per Langzeitbelichtung gestochen scharfe Fotos mit faszinierenden Lichteffekten aufnimmst. Egal, ob mit Spiegelreflexkamera oder Smartphone.
Das erfahrt ihr gleich
- Was ist Langzeitbelichtung?
- Welche Kameras eignen sich für Langzeitbelichtungen?
- Stativ – für scharfe Langzeitaufnahmen bei Tag und Nacht
- Filter – für Langzeitbelichtung am Tag
- Fern- und Selbstauslöser – Schützt vor Verwacklern
- Okularabdeckung – gegen Streulicht & helle Streifen im Bild
- Die richtige Belichtungszeit wählen
- Die richtige Einstellung der Blende wählen
- Der richtige ISO-Wert für die Langzeitbelichtung
- Feuerwerk & Lichtstreifen in der Nacht fotografieren – so geht’s
- Wolkenmeere & nebelartiges Wasser am Tag fotografieren – so geht’s
- Mit Licht malen – so geht’s
In der Dunkelheit gibt es zwei Möglichkeiten, ein Foto ausreichend zu belichten: mit einem Blitzgerät oder mit der Langzeitbelichtung. Ein Blitz hat mehrere Nachteile. Er verändert die Farben und zeigt nur einen Teil der Wirklichkeit. Auch eignet er sich nicht für weit entfernte Motive. Die Langzeitbelichtung hingegen nutzt und verstärkt alle vorhandenen Lichtquellen. Mit einer langen Belichtungszeit fällt auch bei Nacht genug Licht auf den Sensor, sodass das Motiv auf dem Bild zu erkennen ist. Das können mehrere Sekunden, Minuten oder sogar Stunden sein.
Bewegt sich das Objekt während der Belichtung, wird diese Bewegung auf dem Foto festgehalten — das Objekt verwischt. Ein bekanntes Beispiel sind die Lichter fahrender Autos, die bei einer Langzeitbelichtung nur noch als bunte Lichtstreifen auf dem Bild zu sehen sind. Richtig in Szene gesetzt, sehen diese leuchtenden Streifen besonders ansprechend aus, daher werden Langzeitbelichtungen oft auch in künstlerischer Absicht eingesetzt.
Während bei schlechten Lichtverhältnissen eine Langzeitbelichtung notwendig ist, damit die Aufnahme nicht zu dunkel oder gar schwarz wird, wird sie bei Tageslicht ausschließlich als Gestaltungsmittel eingesetzt. Hier besteht die Herausforderung darin, eine Überbelichtung zu vermeiden: Da über die gesamte Belichtungszeit Licht auf den Sensor fällt, wird das Bild deutlich heller. Um eine Überbelichtung zu vermeiden, setzen Profi-Fotografinnen und Fotografen zudem besondere Filter vor die Linse ihrer Kamera.
- Die klassische Spiegelreflexkamera bietet die besten Voraussetzungen für professionelle oder semi-professionelle Aufnahmen mit Langzeitbelichtung: Dank der verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten kannst du die Belichtungszeit optimal anpassen. Außerdem kannst du einen Fernauslöser anschließen oder den eingebauten Selbstauslöser einsetzen. Um bei Langzeitbelichtungen am Tag Überbelichtungen zu vermeiden, kannst du einen zusätzlichen Filter am Objektiv anbringen. Nimm die Fotos außerdem im sogenannten RAW-Format auf. So hast du später mehr Möglichkeiten zur Bearbeitung.
- Auch mit einem Smartphone lassen sich beeindruckende Effekte erzielen. Apps wie Slow Shutter Cam oder Average Camera Pro (beide für das iPhone) simulieren die Langzeitbelichtung. Für Android bietet sich Camera FV‑5 an. So kannst du auch mit dem Smartphone und einem speziellen Stativ für Handys oder einer stabilen Ablage Fotos mit Langzeitbelichtung erstellen. In den Apps findest du auch weitere Filter oder spezielle Einstellungen.
- Spiegellose Kameras kannst du einsetzen, wenn sich bei deinem Modell die Belichtungszeit manuell festlegen lässt. Bei hochwertigen, sogenannten System- oder Bridgekameras ist das meist der Fall. Speichere auch hier die Bilder, wenn möglich, im RAW-Format.
Hältst du die Kamera in der Hand, ist es schon ab Belichtungszeiten von 1/30 Sekunde schwierig, das Foto nicht zu verwackeln. Hier schafft ein Stativ Abhilfe. Grundsätzlich kannst du die Kamera natürlich auch auf einen festen Untergrund stellen, etwa auf eine Mauer oder auf den Boden. Ein Stativ ist allerdings flexibler bei der Positionierung und sorgt für eine besonders stabile Kameraposition, sodass die Bilder nicht verwackeln können.
Um die Kamera auf das Stativ zu schrauben, haben alle Spiegelreflexkameras an der Unterseite ein Gewinde. Auch die meisten spiegellosen Digitalkameras sind damit ausgestattet. In der Regel handelt es sich dabei um ein ¼‑Zoll-Gewinde. Die Auswahl des Stativs sollte sich nach der Größe der Kamera richten. Dabei gilt der Grundsatz: Je größer das Objektiv der Kamera, desto stabiler sollte das Stativ sein, damit die Kamera nicht kippt.
Viele Kameras arbeiten mit einem Bildstabilisator. Nutzt du ein Stativ, kannst du den Bildstabilisator allerdings deaktivieren – dein Stativ stabilisiert die Kamera ausreichend. Angeblich verschlechtert der Bildstabilisator sogar das Ergebnis. Ursächlich, weil Bildstabilisatoren im ungünstigsten Fall versuchen eine nicht vorhandene Bewegung zu korrigieren und so das Bild verwackeln.
Möchtest du vor allem tagsüber mit Langzeitbelichtungen fotografieren, hilft ein Graufilter (auch „ND“ oder „Neutraldichtefilter“ genannt) vor Überbelichtung. Meist gelangt bei Sonnenschein bereits nach kürzester Zeit so viel Licht in die Kamera, dass die Bilder bei längerer Belichtung komplett weiß, also überbelichtet werden. Ein Filter fungiert wie eine Sonnenbrille für die Kamera und ermöglicht in den meisten Fällen überhaupt erst die Langzeitbelichtung am Tag.
Deine Kamera steht sicher und stabil auf einem Stativ und trotzdem verwackeln die Bilder? Das könnte an dem kurzen Moment liegen, in dem du den Auslöser drückst. Durch diese winzige Erschütterung verwackelt das Bild bereits. Die Lösung: Mit einem Fernauslöser kannst du ein Bild aufnehmen, ohne die Kamera zu berühren. So schützt die Kamera vor Erschütterungen. Dabei hast du die Wahl zwischen der Steuerung per Funk, Infrarot oder Kabel. Alternativ kannst du auch den eingebauten Selbstauslöser deiner Kamera nutzen.
Dieses kleine Plastikteil steckst du hinter den Sucher. Die Okularabdeckung verhindert, dass sogenanntes Streulicht durch den Sucher eintritt. Setze insbesondere tagsüber die Okularabdeckung ein, damit es nicht zu einer Fehlbelichtung in Form von hellen Streifen oder Schlieren auf dem Bild kommt.
Die richtige Belichtungszeit hängt von zwei Faktoren ab: der Helligkeit und gegebenenfalls der Stärke des verwendeten Filters. Grundsätzlich gilt: Je dunkler die Umgebung, desto länger die Belichtungszeit. Tagsüber belichtest du daher nur wenige Sekunden, nachts können die Aufnahmen der Bilder Minuten oder auch Stunden dauern. Möchtest du beispielsweise nachts ein Feuerwerk aufnehmen, kannst du eine Belichtungszeit von mehreren Minuten wählen. Probiere verschiedene Einstellungen aus. Gerade im Dämmerlicht kann der Bruchteil einer Sekunde bei der Belichtung bereits einen gewaltigen Unterschied auf das fertige Bild haben.
Tipp: Die App „NDCalc“ (Android und iOS) hilft bei der Berechnung der optimalen Belichtungszeit für deine Bilder.
Die Einstellung der Blende bestimmt, wie viel Licht in die Kamera gelangt. Das beeinflusst die Schärfe und die Helligkeit des Bildes. Je nach Lichtverhältnissen solltest du die Blende auf einen Wert zwischen f/8 und f/12 einstellen. Bei kleineren Werten wird die Blende sehr weit geöffnet, mit dem Effekt, dass nur Objekte sehr nah am Objektiv scharf abgelichtet werden, Schärfentiefe hingegen ist nicht gegeben. Dieser sogenannte Bokeh-Effekt ist allerdings sehr beliebt, sodass viele aktuelle Smartphone-Kameras ihn integriert haben.
Der ISO-Wert sollte möglichst tief stehen, etwa auf 100. Diesen niedrigen Wert gleicht die lange Belichtungszeit aus, da dann im Ergebnis wieder ausreichend Licht durch den Sensor kommt und das Bild schön ausgeleuchtet wird. Deutlich höhere ISO-Werte als etwa 800 führen zu einem sogenannten Bildrauschen, also einem sehr grobkörnigen Bild.
- Motiv und geeigneten Standort wählen.
- Stativ an die Kamera schrauben und aufstellen. Wenn vorhanden: Kabelauslöser anschließen und Filter aufschrauben.
- Kamera ausrichten und fokussieren, dafür auf „manuellen Fokus“ stellen, am Objektiv kann dafür ein Regler von AF auf MF geschoben werden.
- Blende und Belichtungszeit einstellen.
- Auslösen.
- Abwarten, bis das Bild fertig belichtet wurde, dann erst die Kamera berühren.
Lichtstreifen vorbeifahrender Autos per Langzeitbelichtung festzuhalten ist so etwas wie ein Klassiker der Fotografie. Stelle dich für deine Aufnahme mit einem Stativ an eine Straße oder auf eine Brücke. Letztere sollte nicht zu sehr durch die darunter fahrenden Autos erschüttert werden. Bei kompletter Dunkelheit stelle die Blende auf einen Wert zwischen f/8 und f/12 und den ISO-Wert auf 100. Starte mit einer Belichtungszeit von einer Minute und erhöhe diese langsam, um den Effekt sukzessive zu verstärken. Hier gilt es, etwas auszuprobieren. Mit den gleichen Einstellungen kannst du auch ein Feuerwerk ablichten. Auch dieses Motiv spielt wunderbar mit der Bewegung des Lichts. Ebenfalls eindrucksvoll, wenn auch nicht ganz ungefährlich: Aufnahmen eines Gewitters.
Auch am Tag findest du spannende Motive für eine Langzeitbelichtung. Die längere Belichtungszeit führt dabei zu interessanten und fast unwirklichen Effekten: Wolken verschwimmen zum Beispiel zu einem grauen Strom, Wasser wird scheinbar zu Nebel. Insbesondere Motive, die sich gleichmäßig bewegen, ergeben faszinierende Bilder, etwa Wellen an der Küste, ein Getreidefeld im Wind, ein Bach, Wasserfälle oder ein leicht bewölkter Himmel.
Nutze für deine Aufnahmen einen Graufilter und stelle die Blende abhängig von der Stärke des Filters ein. Ist der Filter eher schwach, musst du stärker abblenden. Stelle die Blende auf Werte zwischen f/8 und f/12 ein und wähle einen ISO-Wert von 100. Die Belichtungszeit hängt von den herrschenden Lichtverhältnissen ab. An einem wolkigen Tag belichtest du länger als an einem sehr sonnigen Tag. Starte mit einer kürzeren Belichtungszeit von 10 Sekunden und arbeite dich langsam hoch. Vergiss auch das Stativ nicht, um ein Verwackeln der Bilder zu verhindern.
Wenn du in der Dunkelheit Aufnahmen machst, kannst du zusätzliche Lichtquellen, wie eine Wunderkerze oder eine Taschenlampe, als Zeichenstift benutzen und im wahrsten Sinne des Wortes mit Licht malen: Befestige dazu die Kamera auf einem Stativ und stelle die Blende auf Werte zwischen f/8 und f/12 ein. Die Belichtungszeit solltest du je nach Motivaufwand wählen. Wenn du zum Beispiel mit einer Wunderkerze ein Herz “malen” möchtest, brauchst du dazu etwa 5 Sekunden. Nutze dabei auch verschiedene Hilfsmittel. Schraube beispielsweise einen Graufilter vor die Linse oder decke den Sucher mit einer Okularabdeckung ab.
Egal, für welche Tages- oder Nachtzeit du dich entscheidest, probiere einfach verschiedene Einstellungen deiner Kamera aus. Beginne Sie mit einer kurzen Belichtungszeit, und taste dich langsam an längere Zeiten heran, um zu sehen, welche Effekte du mit Licht erreichen kannst.
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