Wer sich eine Erkältung eingefangen hat, setzt sich nur ungern für eine Krankschreibung stundenlang in das Wartezimmer einer Praxis. Ein Start-up will hier Abhilfe schaffen und bietet eine Online-Kontaktaufnahme mit einem Arzt inklusive Krankschreibung per WhatsApp an. Wie das Ganze funktioniert und was es zu beachten gibt, erfährst du in diesem UPDATED-Ratgeber.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Krankschreibung per WhatsApp bedeutet nicht, dass du deinem Arbeitgeber per WhatsApp eine kurze Nachricht zukommen lässt, in der du dich krankmeldest. Hierfür solltest du stets den in deiner Firma etablierten Weg nutzen, etwa über E‑Mail, Messenger-Dienste oder spezielle Tools.
In diesem Ratgeber soll es ausschließlich um den Erhalt einer Krankschreibung (AU) per WhatsApp gehen, wie du sie auch bei einem Arztbesuch erhalten würdest.
Angeboten wird diese Dienstleistung von der AU-Schein GmbH, einem Start-up aus Hamburg. Seit Dezember 2018 bekommst du bei dem Unternehmen gegen eine Gebühr deine Krankschreibung per WhatsApp und zusätzlich per Post zugesendet. Wie der Service genau funktioniert, erfährst du im Folgenden.
Bevor du eine Krankschreibung per WhatsApp erhalten kannst, musst du dich zuerst einer ärztlichen Untersuchung unterziehen, die in diesem Fall über einen digitalen Fragebogen erfolgt. Bisher gibt es die AU-Scheine per WhatsApp nur für Erkältungen, weitere Krankheitsbilder wie Rückenschmerzen und Magen-Darm-Grippe sind in Planung. (Stand: Juni 2019)
So bekommst du eine Krankschreibung per WhatsApp:
- Besuche zunächst die Webseite AU-Schein.de und klicke auf den Button AU-Schein anfordern.
- Danach erscheint der Hinweis, dass die AU-Bescheinigung noch bis 13 Uhr versendet wird, sofern sie werktags bis 10 Uhr bestellt wird. Klicke hier auf START.
Anschließend wirst du gefragt, aus welchem Grund du dich arbeitsunfähig melden möchtest. Wähle dort Erkältung und klicke auf WEITER.
- Jetzt erscheint eine Auswahl von mehreren Symptomen. Wähle die aus, die auf dich zutreffen. Außerdem werden noch weitere Fragen gestellt, die du wahrheitsgemäß beantworten solltest.
- Stimmen keine deiner Symptome mit einer typischen Erkältung überein, handelt es sich wahrscheinlich um ein anderes Krankheitsbild und du kannst über diesen Dienst keine Krankschreibung per WhatsApp bestellen. In diesem Fall solltest du deinen Hausarzt aufsuchen. Passen die Symptome hingegen zu einer typischen Erkältung, fülle alles aus und klicke unten auf WEITER.
- Nun muss geklärt werden, ob deine Symptome womöglich ein Gesundheitsrisiko für dich darstellen. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn du schwanger bist oder chronische Leiden hast. Zu deiner eigenen Sicherheit solltest du auch diese Fragen wahrheitsgemäß beantworten und im Anschluss auf WEITER klicken.
- Besteht keine erhöhte Gefahr für deine Gesundheit, erscheint ein Formular, in dem du deine Kontaktdaten sowie Informationen zu deiner Krankenkasse einträgst. Gib dort alle geforderten Daten ein und klicke anschließend unten auf WEITER.
- Im letzten Schritt wirst du zu einer Zahlung von 9,00 Euro aufgefordert, wenn du gesetzlich versichert bist. Privatversicherte Nutzer zahlen wie beim normalen Praxis-Arzt gegen Rechnung zusätzlich 16,08 Euro.
- Setze die Haken zur Einwilligung in die AGBs und die Verarbeitung deiner Gesundheitsdaten. Wähle anschließend PayPal oder eine der aufgelisteten Kreditkarten als Zahlungsmittel aus und führe die Zahlung aus.
- Folge anschließend den Anweisungen auf dem Bildschirm. Der weitere Datenaustausch erfolgt mit dem Arzt über WhatsApp. Dort musst du unter anderem ein Foto deiner Versichertenkarte hochladen.
- Ist es alles korrekt, schickt dir der Arzt die Krankschreibung per WhatsApp im PDF-Format zu. Das Original sollte in den nächsten Tagen per Post folgen.
Wenn man den Angaben des Firmengründers Can Ansay Glauben schenkt, ist die Krankschreibung per WhatsApp vollkommen rechtmäßig. Eine Lockerung des Fernbehandlungsverbots mache dies möglich. Ansay verweist konkret auf die Berufsordnung der Ärzte Schleswig-Holstein, die einen weitreichenderen Einsatz von Telemedizin im Gegensatz zur Muster-Berufsordnung der Bundesärztekammer erlaubt.
Angeblich fahre eine Ärztin, die mit dem Unternehmen AU-Schein zusammenarbeitet und weder eine eigene Praxis noch eine kassenärztliche Zulassung besitzt, täglich von Hamburg nach Schleswig-Holstein, um von dort aus Krankschreibungen zu bearbeiten.
Mehrere Rechtsgutachten hätten ergeben, dass Krankenkassen auch Krankschreibungen anerkennen müssen, die von Ärzten ohne Kassenzulassung ausgestellt werden, erklärt Firmengründer Ansay.
Ärzteverbände stehen dem neuen Service kritisch gegenüber. Die Ärztekammern in Hamburg und Schleswig-Holstein raten von der Krankschreibung per WhatsApp ab, da zunächst die rechtliche Grundlage des Angebots geprüft werden müsse.
Weiterhin sieht Carsten Leffmann, Ärztlicher Geschäftsführer der schleswig-holsteinischen Kammer, einen Unterschied “zwischen einer Fernbehandlung und der Fernausstellung eines Dokuments” (via DAZ).
Nein, Arbeitgeber können den über WhatsApp erhaltenen Krankenschein ablehnen. Solche Fälle müssten vor einem Arbeitsgericht entschieden werden. Um dir den ganzen Stress zu ersparen, solltest du dich daher erst bei deinem Arbeitgeber informieren, ob er eine Krankschreibung per WhatsApp akzeptiert.
Und auch wenn er sie akzeptiert, gibt es noch eine weitere Einschränkung zu beachten: Du kannst dich pro Kalenderjahr nur zweimal per WhatsApp krankschreiben lassen. Hast du den Service bereits zweimal im Jahr genutzt, musst du bei weiteren Erkältungen wieder eine Arztpraxis aufsuchen.
Wenn du das nächste Mal mit verschnupfter Nase und kratzendem Hals im Bett liegst, könntest du dir mit der Krankschreibung per WhatsApp den Gang in die überfüllte Arztpraxis sparen und dich zu Hause in aller Ruhe auskurieren. Damit es nicht zu Streitigkeiten kommt, solltest du mit deinem Arbeitgeber vorher klären, ob er den Krankenschein per WhatsApp akzeptiert. Wenn du auf Nummer sicher gehen willst, such lieber wie gewohnt deinen Hausarzt auf – dann gibt es definitiv keine Probleme mit der Krankschreibung.
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