Die IFA 2017 ist vorbei. Was bleibt, sind viele Tage voller Produkt-Neuvorstellungen. Hier und da zauberten ein paar wenige Smartphone-Hersteller wie Lenovo oder Sony noch Smartphones aus dem Hut, doch man merkte insgesamt einen starken Fokuswechsel der Messe gegenüber der Vorjahre. Das heißt jedoch bei weitem nicht, dass die IFA langweilig war — im Gegenteil! Es gab viele Highlights aus Multimedia und Haushalt, aus denen wir einige zusammengesammelt haben.
Smartphones — Die Einhörner der IFA
Wie erwähnt gab es wenige neue Smartphones auf der IFA 2017 zu sehen. Samsung hatte beispielsweise bereits im Vorfeld der größten europäischen Technologie-Messe eingeladen, um der Welt das Galaxy Note8 zu präsentieren. Damit wollte man sicher die ungeteilte Aufmerksamkeit auf sich lenken. Auch Huawei hatte man zunächst nachgesagt, dass man das nächste Flaggschiff Mate 10 aus dem Hut zaubert. Doch auch hier ging man leider leer aus, mit einem vertröstendem Versprechen, das Mate 10 am 16. Oktober in München zu enthüllen. Wobei “leer ausgehen” sicher zu hart ausgedrückt ist, da Huawei mit dem Ausblick auf den neuen Kirin 970 Smartphone-Prozessor hohe Wellen schlug. Der Chip soll nicht nur eine Menge Geschwindigkeit auf Mate 10 und Co. bringen, sondern auch mit künstlicher Intelligenz aufwarten, die örtliche Gegebenheiten und Intention sowie emotionale Stimmung des Nutzers erkennen soll. Wir dürfen hier gespannt sein.
LG konnte jedenfalls das gesamte Spotlight für sich nutzen, als man das neue Flaggschiff V30 vorstellte. Das Smartphone zeichnet sich durch ein 6‑Zoll-Display aus, welches dank QuadHD+ OLED Display sehr hell, farbenfroh und mit 537 ppi entsprechend scharf sein soll. Dazu kommt eine – bereits jetzt von allen Seiten gelobte –16 Megapixel starke Kamera auf der Rückseite, die mit f1.6 eine besonders hohe Brennweite für ein Smartphone besitzt. Das sorgt vor allem dafür, dass mehr Licht durch die Linse auf den Sensor trifft und Aufnahmen bei schwierigen Lichtverhältnissen besser sein sollen. Das LG V30 wird zunächst ab dem 21. September in Südkorea erhältlich sein, bevor es im November auch nach Europa kommt.
Motorola — inzwischen unter dem Dach von Lenovo — punktete hingegen bei eingefleischten Fans mit einem neuen Moto X4. Die Besonderheit des Moto X4 ist, dass es die aktuell wohl beste Bluetooth-Konnektivität am Markt bereitstellt. Es hat nicht nur Bluetooth 5.0 an Bord, sondern auch ein gänzlich neues Bluetooth-Protokoll, welches erstmals Audio-Streaming auf bis zu vier Geräte gleichzeitig ermöglicht. Dazu kommt eine – inzwischen schon bei so ziemlich allen Herstellern zum Standard gewordene – Dual-Kamera. Dabei handelt es sich um eine reguläre 12 Megapixel-Kamera, der eine zweite 8 Megapixel-Monochrom-Kamera zur Seite steht, mit der man auch Tiefenschärfe-Effekte erzielen kann. Das Moto X4 ist aus Aluminium gefertigt, nach IP68 gegen Wasser geschützt und ab Ende September für 399 Euro (Herstellerpreisangabe) erhältlich.
Sony zeigte auf seiner IFA-Pressekonferenz am 31.08.2017 das Xperia XZ1 sowie das XZ1 Compact, welche Sonys Oberklasse um das Xperia XZ Premium unterstützen sollen. Das Design ist Sony-typisch aus einem Guss. Was auffällt ist, dass Sony im Jahr 2017 wohl noch nicht dem “Rahmenlos”-Trend folgen wird. Dennoch bringt das Xperia XZ1 einige nette Funktionen mit sich, die man sonst nur in der Oberklasse erwarten würde. Da wäre zum einen die vom Xperia XZ Premium bekannte Super Slow Motion Kamera, die mit bis zu 960 fps Zeitlupen-Videos aufnimmt. Die Kamera unterstützt zudem 3D-Bilder. Das heißt, man kann Objekte komplett um 360° fotografieren und beispielsweise als Hintergrundbild verwenden. Das Full HD Display unterstützt zudem HDR, welches vor allem dank des hohen Kontrast- und Farbumfangs bei Videos seine Muskeln spielen lässt. Hinzu kommen Stereo-Lautsprecher im Gehäuse des Xperia XZ1, verbesserte Audiofunktionen und ebenfalls ein Wasserschutz nach IP65 und IP68. Erhältlich sein wird das Sony Xperia XZ1, respektive XZ1 Compact ab Ende September zu einem — vom Hersteller aufgerufenen — Preis von 699 Euro.
Die Küche wird zur Schaltzentrale für das Smart Home
Statt Smartphones standen auf der diesjährigen IFA eher Küchenanbieter im Vordergrund. Der Hersteller Miele zog so beispielsweise alle Aufmerksamkeit auf seine neuen Dialoggarer. Mit diesem erfindet Miele gleich eine neue Geräteklasse. Der Dialoggarer soll das Essen gleichmäßiger und in rund 70 Prozent weniger Zeit garen. Das Gerät arbeitet mit elektromagnetischen Wellen, wodurch es viel weiter ins Innere der Speisen eindringen kann, als vergleichsweise ein regulärer Backofen mit Ober- und Unterhitze. Dabei soll das Haushaltsgerät effizienter als eine Mikrowelle arbeiten, da die Speisen innen wie außen gleichmäßig gegart werden.
Ein Blick zu Siemens zeigte die neueste Kooperation mit Bosch, aus der „Mykie“ entstand. Der kleine Küchenroboter mimt Gesten nach und wirkt dadurch so sympathisch wie eine Trickfigur aus einem Disney-Film. Mykie kann Rezepte vorlesen oder direkt auf einem Display anzeigen und gleichzeitig Sportergebnisse oder die Schlagzeilen des Tages vorlesen. Noch ist Mykie ein Prototyp, doch vielleicht zieht er schon bald in die Küche ein. Weitere Neuheiten von Siemens waren zudem ein Backofen mit Schnellheizfunktion, der den Backofen binnen 5 Minuten auf 175 Grad heizen soll oder ein Kühlschrank mit eingebauter Kamera, die per App-Anbindung auf einen Blick von unterwegs verrät, ob noch genug Milch zuhause ist.
Ein weiteres Beispiel war Liebherr, die – wie so viele andere auch – in Zukunft auf Sprachsteuerung per Drittanbieter-Lösungen setzen werden. Google Home wäre da ein prominentes Beispiel, welches gekoppelt mit dem Dienst IFTTT (If This Then That) ähnliche Aktionen wie Mykie ausführen kann. Dabei muss man nur auf das sympathische Gesicht verzichten. Das sind lediglich ein paar namhafte Beispiele von vielen, die unterstreichen, welchen Stellenwert die Küche inzwischen im Smart Home besitzt und auch in Zukunft einnehmen wird.
Auch im weiteren Haushaltsbereich tut sich viel und — Überraschung — alles wird per Sprache steuerbar. Selbst der Staubsauger. Waschmaschinen von LG und Samsung standen ebenso im Vordergrund. LG setzt künftig auf ein Zwei-Trommel-System, in denen verschiedene Wäsche gleichzeitig zu je unterschiedlichen Einstellungen gewaschen werden kann. Zusätzlich gibt es eine Dampffunktion, die für Knitterfreie Wäsche sorgt. Samsungs neue Waschmaschine Q Drive verfügt hingegen über ein smartes System, welches die Wäschemenge in der Trommel erkennt und vollautomatisch Waschmittel und Wasser dosiert. Ein duales, entgegenlaufendes Trommelsystem soll die Wäsche zudem in der halben Zeit waschen, die vergleichbare Produkte benötigen.
Smartwatches rücken in den Hintergrund
Bereits bei meinem Aufenthalt in Barcelona im März, wo ich den Mobile World Congress besuchte, merkte ich an, dass Smartwatches einen immer geringeren Stellenwert im Wearable-Markt einnehmen. Kaum Hersteller setzen aktuell auf den Armband-Computer. Auch auf der IFA ergab dies kein anderes Bild und so zählte man unter den namhaften Herstellern lediglich Samsung mit seiner neuen Gear Sport und Fossil, die ihre Q‑Kollektion um 5 weitere Geräte erweitert. Aktuell munkelt man, dass Apple am 12. September eine neue Apple Watch auf den Markt bringt. Damit hätte Apple langsam aber sicher eine Monopolstellung inne.
Dafür sah man eine Reihe an neuen Fitness-Trackern, die offenbar bei der breiten Masse als nützlicher aufgenommen wird. Samsung hatte auch hier mit seiner Gear Fit 2 Pro eine neue Lösung parat, die unter anderem mit Offline-Funktionalität in Kooperation mit Spotify punkten will. Der eine oder andere dürfte sich jetzt fragen, warum die neue Fitbit-Smartwatch Ionic keine Erwähnung findet. Doch diese ist durch ihren Fokus auf Fitness-Funktionen eher in der Kategorie Fitness-Tracker mit Smartwatch-Funktionalität zu führen. Dennoch gehört sie mit ihren 4 Tagen Akkulaufzeit und dem sehr hellen Display zu den Highlights in ihrer Kategorie.
Die Realität wird virtueller
Keine Überraschung war, dass auch Augmented und Virtual Reality eine riesige Rolle auf der IFA 2017 spielten. Im AR Bereich konnte vor allem Lenovo mit seinem Mirage Headset auftrumpfen. Womit? Mit Star Wars natürlich! Im Lieferumfang befindet sich neben der Brille nämlich ein Lichtschwert, das man eben im Kampf gegen dunkle Sith Lords schwingen kann, um im Anschluss an die Schlacht eine gemütliche Runde Holoschach zu spielen. Zu einem vergleichbar erschwinglichen Herstellerpreis von 300 Euro kann man das Paket ab November noch vor dem nächsten Kinofilm ergattern.
Audiophil mit Stil
Ganz groß im Vordergrund der IFA stand auch Audiozubehör. Mehrere Hersteller wie Panasonic, Sony oder Onkyo stellten Lautsprecher mit Sprachassistenten von Google vor, die allesamt zwar teurer als das Original sein sollen, dafür mit sehr schickem Design punkten können. Bluetooth-Lautsprecher waren genauso Highlights wie Bluetooth-Kopfhörer. Sony stellte neue WF-1000X In-Ear-Kopfhörer vor, die nicht nur Geräusche der Umgebung unterdrücken, sondern auf Wunsch auch welche durchlassen. Somit hat man seinen persönlichen Soundtrack immer in den Ohren und kann gleichzeitig aktiv an Gesprächen teilnehmen.
Doch der ganz große Wurf scheinen die Over-Ear-Kopfhörer zu sein, die ein smartes Noise Cancelling mit sich bringen. Diese sollen beispielsweise an Flughäfen intelligent Lautsprecherdurchsagen erkennen, die Musik gleichzeitig herunterregeln und die Geräuschunterdrückung kurzzeitig so unterbrechen, da man eventuelle Aufrufe nicht verpasst. Im Flugzeug sollen die Sony-Kopfhörer den Luftdruck mit speziellen Soundprofilen ausgleichen, damit es angenehmer für die Ohren ist und der Klang nicht beeinträchtigt wird.
Bang & Olufssen hingegen setzt mit den neuen Beoplay E8 Kopfhörern komplett auf eine drahtlose In-Ear-Lösung. Diese kommen nicht nur in schickem Design daher, sondern bringen auch technisch viel mit sich. Soundprofile, Siri-Bedienung und weitere Gestensteuerung für die Lautstärkeregelung beherrschen die Kopfhörer beispielsweise auf Knopfdruck. Dazu hält der Akku mit einer Ladung bis zu vier Stunden, bevor sie wieder ins Etui müssen, in das eine Batterie eingebaut ist, um die Kopfhörer für zwei weitere Ladungen auch unterwegs laden zu können.
TV-Geräte waren auf der IFA der wortwörtliche Hingucker. Samsung vor allem, die eine zusätzliche 43 Zoll-Version ihres neuen The Frame-Fernsehers gezeigt haben. The Frame ist besonders, da er — wie der Name andeutet — einem Bilderrahmen sehr ähnelt. Spezielle Energieeinstellungen und Displaytechnologien lassen das Gerät bei inaktiver Nutzung in einen Bildschirmschoner-Modus wechseln, der wirklich einem Bilderrahmen zum Verwechseln ähnlich sieht.
Sharp meldet sich auch wieder auf dem Markt voll zurück. Auf einer Pressekonferenz kündigte man eine sehr breite Palette an kommenden Produkten aus Haushalt- und Multimedia an — unter anderem Lautsprecher oder Smartphones mit flexiblen Displays. Während man von letzterem leider keine Anschauungsobjekte aus dem Ärmel zog, konnte man sich von Sharps neuen 8K-Fernsehern persönlich auf der IFA überzeugen. Sharp brüstet sich damit, als weltweit erster Hersteller 8K-Fernsehgeräte noch in diesem Jahr auf den Konsumentenmarkt bringen zu wollen. Ganz nebenbei hat man als Alternative noch den größten 4K-TV der Welt parat, der mit 120 Zoll der weltweit größte sein soll.
Die IFA 2017 war vollgepackt mit technischen Highlights — man muss sich lediglich bewusst sein, dass Smartphones nicht mehr so prominent im Vordergrund stehen, wie in den Jahren zuvor. Aber die IFA steht ja auch nicht ausschließlich für Smartphones, sondern für die Vielfalt an neuen Produkten aus allen möglichen Bereichen. Und das war sie auch in diesem Jahr, in der die IFA erneut gezeigt hat, wie die Technik von Morgen den Alltag begleitet und erleichtert.