Ein einziges Foto und eine kurze Stimmprobe – mehr braucht ein kalifornisches Start-up nicht, um einen realen Menschen als lebensechten Avatar nachzubilden. Das Ziel: Eine App, mit der die Nutzer sich selbst zum digitalen Leben erwecken und die Botschaften ihres virtuellen Ichs als Video verschicken können.
Bis zum Ende dieses Jahres will das Start-up “Oben” ihre App marktreif machen, berichtet Technology Review. Dafür müssen die Kalifornier aber noch einige Hindernisse überwinden. Vor allem bei der Geschwindigkeit: Nachdem das Programm mit einem Foto sowie einer zwei bis 20 Minuten langen Stimmprobe gefüttert worden ist, benötigt das “Oben”-System bislang noch etwa acht Stunden, um aus den Vorlagen ein überzeugendes Abbild zu erschaffen. In der fertigen App soll das Ergebnis laut Firmenchef Nikhil Jain schneller zu sehen sein, dafür aber nicht ganz so realistisch wirken.
Viele Einsatzmöglichkeiten – und viele Fragen
An Einsatzmöglichkeiten schweben Jain die eigenen Kinder vor, denen sein Avatar Geschichten vorlesen könnte, wenn er selbst auf Reisen ist. Fans von Musikbands könnten mit digitalen Versionen ihrer Lieblinge im digitalen Duett singen. Konkret ist bereits eine Virtual-Reality-Variante des Programms in Planung, die auf dem Headset HTC Vive laufen soll.
Doch die schöne realistische Avatar-Welt wirft auch Fragen auf. Wer besitzt zum Beispiel die Verantwortung dafür, dass mit der Stimme aus dem Computer kein Schindluder getrieben wird? Von Scherzanrufen bis hin zu Vertragsabschlüssen per Telefon wäre schließlich vieles möglich. Oder: Dürfen Hinterbliebene einen Verstorbenen aus Fotos und Tonbandaufnahmen für das persönliche Zwiegespräch zum virtuellen Leben erwecken? Müssen die Avatare gelöscht werden, nachdem ihr reales Vorbild das Zeitliche gesegnet hat? Für den “Oben”-Chef ist ein digitales Leben scheinbar ewig und endlos: Nikhil Jain verhandelt mit den Nachlassverwaltern von verstorbenen Prominenten über deren “Verwertung”.