Nach langem Ringen hat sich Microsoft den großen Publisher-Zusammenschluss Activision Blizzard einverleibt. Nicht nur europäische Wettbewerbshüter*innen sahen diese Übernahme kritisch. Auch in der Gaming-Szene ist dieser Schritt heiß diskutiert. Doch was ist eigentlich passiert und was kommt auf Gamer*innen nun zu? UPDATED klärt dich auf.
Ungewöhnlich sind Übernahmen in der Gaming-Welt zunächst nicht. Bereits in der Vergangenheit gab es immer wieder Zusammenschlüsse und Käufe großer sowie kleiner Unternehmen. Sony, Microsoft und EA sind bekannt dafür, gerade bei Studios immer wieder auf Shopping-Tour zu gehen. So schluckte etwa Microsoft bereits ZeniMax Media, zu dem vor allem Bethesda (The Elder Scrolls, Fallout und neuerdings Starfield) gehörte. Sony hat etwa Insomniac Games (Spyro, Ratchet & Clank) gekauft und Electronic Arts erst recht kürzlich Codemasters (Dirt, F1 2XXX).
Doch einen Deal in der Größenordnung von Microsoft und Activision Blizzard gab es bisher noch nie. Unglaubliche 68,7 Milliarden US-Dollar legte das Unternehmen wohl auf den Tisch, um einen der größten Spiele-Publisher der Welt mitsamt seinen Studios zu kaufen. Fast zwei Jahre hat die Übernahme von der Bekanntgabe bis zum endgültigen Vollzug gedauert. Der Grund für die Bedeutsamkeit des Kaufs liegt vor allem in den Marken, die zu Activision Blizzard gehören. Besonders hervorzuheben sind diese:
Blizzard
- Warcraft mit „Warcraft“, „World of Warcraft“ (Retail & Classic), „Hearthstone“ und „Warcraft Rumble“
- Diablo mit „Diablo“, „Diablo 2“, „Diablo III“, „Diablo IV“ und „Diablo Immortal“
- Overwatch mit „Overwatch“ und „Overwatch 2“
Activision
- Call of Duty mit „CoD: Modern Warfare 2“, „CoD: Modern Warfare 3“, „CoD: Warzone“, „CoD Mobile“ und vielen, vielen mehr
- Tony Hawk´s Pro Skater mit „Tony Hawks Pro Skater 1 + 2“ und vielen Klassikern
Jede Marke für sich ist bereits sehr wertvoll. Call of Duty etwa ist eines der größten Videospiel-Franchises mit jährlich gigantischen Umsätzen. Activision Blizzard gilt nicht zuletzt deshalb als die größte Spielefirma der Welt – vor Nintendo, Electronic Arts und Take-Two.
Doch das liegt noch an einem weiteren Faktor, den große Teile der Gaming-Szene eher argwöhnisch belächeln: King.com. Das Unternehmen ist bekannt für Handyspiele. Titel wie „Candy Crush Saga“ oder „Farm Heroes Saga“ dürften viele bereits gehört haben. Tatsächlich steckt hier sehr viel Geld drin. Auch darauf dürfte Microsoft scharf gewesen sein.
Kaum war die Tinte getrocknet, ging für Microsoft die Arbeit auch schon los. Das Unternehmen sendete ein deutliches Zeichen an die Gaming-Welt, indem es die beliebte Computerspielmesse „BlizzCon“ im November 2023 direkt kaperte. In der Eröffnungsnacht betrat nämlich nach dem Blizzard-Chef Mike Ybarra ein anderes bekanntes Gesicht die Bühne: Phil Spencer. Der hat bei Microsoft den Hut für alle Gaming-Belange auf und ist von Messen und Konferenzen kaum wegzudenken, wenn es um Xbox und PC-Gaming geht.
Mögliche Sorgen von Spieler*innen räumte er in seiner Ansprache direkt aus. Microsoft wolle sich mit den Marken weiter und sogar noch viel stärker auf die Wünsche und Bedürfnisse von Gamer*innen konzentrieren. Bekannte Marken sollen nicht eingestampft, sondern mit neuen tollen Inhalten und Titeln geehrt werden. Besonderer Applaus war zu hören, als Spencer die „Starcraft“-Spiele erwähnte. Die haben in den vergangenen Jahren etwa nur vergleichsweise wenig Liebe bekommen. Das könnte sich unter Microsoft ändern.
Außerdem sagte Spencer, dass sie „noch mehr großartige Spiele zu noch mehr Spieler*innen an noch mehr Orten“ bringen wollen. Worauf das hindeuten soll, könnte bereits klar sein.
Im Fokus bei Microsoft stehen natürlich die Bemühungen rund um Xbox. Das ist lange nicht mehr nur eine Konsole, sondern ein ganzes Gaming-Ökosystem, das einen Bogen zwischen PC- und Couch-Gaming spannt. Das muss es auch sein, denn den Konsolenkrieg gegen Sony hat Microsoft auch in dieser Generation offenbar gegen Sony verloren. Es braucht also noch mehr Argumente, damit Gamer*innen das Ökosystem rund um das X auf grünem Grund annehmen.
Was könnte sich dafür besser eignen als eben die großen Marken von Activision Blizzard. Dauerbrenner wie Call of Duty und Diablo sind nun bei Microsoft verortet. Außerdem zieht das Unternehmen mit World of Warcraft eines der größten und ältesten MMORPGs auf seine Seite. Das dürfte dadurch nicht nur in den kommenden Jahren und vielleicht Jahrzehnten gesichert sein, sondern vielleicht auch einen Sprung zu einer breiteren Masse machen. Eine Xbox-Version ist nicht auszuschließen, wie schon andere Spiele nach der MS-Übernahme gezeigt haben.
Die Anmerkung von Phil Spencer auf der BlizzCon galt aber nicht nur Xbox als Konsole oder der dazugehörigen App auf dem PC. Sie dürfte vor allem auch dem Game Pass gegolten haben. Das ist der kostenpflichtige Abo-Dienst von Microsoft, mit dem du regelmäßig neue Spiele bekommst. Diese bleiben dann dauerhaft oder zeitweise verfügbar, lassen sich herunterladen und meist auch streamen.
Veröffentlichungen von Microsoft-Studios und deren Marken sind meist direkt zum Release im Game Pass und stehen ohne zusätzliche Kosten zum Spielen bereit. Das dürfte auch für Call of Duty, Diablo und Co. bald gelten. Activision Blizzard macht dazu zwar noch keine genauen Angaben, hat sich aber über den Kurznachrichtendienst „X“ bereits geäußert:
Kurz zusammengefasst: Zwar schaffen es die Marken nicht mehr in diesem Jahr in den Game Pass, doch schon 2024 dürften viele Spiele über den Game Pass erhältlich sein. Microsoft sichert sich damit einen großen Vorteil gegenüber der Konkurrenz, genauer Sony. Dort werden die Kund*innen von PlayStation Plus (Premium) schließlich in die Röhre schauen, was die Marken angeht.
Der Activision-Blizzard-CEO Bobby Kotick ist schon lange eine umstrittene Person. Viele werfen ihm vor, dass er maßgeblich für die spieler*innen-unfreundlichen Geschäftsmodelle mit teuren kosmetischen Extras, Lootboxen und mehr verantwortlich war. Außerdem wurden unter seiner Führung immer wieder Vorwürfe sexueller Belästigung im Unternehmen laut. Kotick war wohl auch Microsoft ein Dorn im Auge, denn er sollte nur noch bis Ende 2023 eine Führungsrolle bei Activision Blizzard innehaben und musste zum Jahreswechsel seine Koffer packen.
Die Wettbewerbshüter*innen und natürlich Sony selbst hatten bei dem Deal vor allem mit einer möglichen Problematik große Bauchschmerzen: Exklusivität. Dabei steht vor allem Call of Duty im Fokus. Sony hatte Sorge, dass Microsoft die Marke in den eigenen Reihen verschwinden lässt und sie künftig nicht mehr auf der PlayStation verfügbar sein könnte. Das wäre ein kaum auszumalender Vorteil für Microsoft.
Die mussten wiederum versprechen, dass in den kommenden Jahren auch Sony noch weiter mit den neuesten Teilen und Inhalten versorgt wird. Zunächst gibt es hier also nichts zu befürchten. Ähnliches dürfte für Diablo gelten. Microsoft dürfte das wenig jucken, schließlich verdient das Unternehmen ab sofort an jedem verkauften Exemplar ordentlich mit – auch bei Käufer*innen auf der PlayStation.
Eine vollumfängliche Garantie gibt es aber nicht, dass das für immer so bleibt. Gut möglich, dass Microsoft irgendwann doch den Stecker für die Sony-Auslieferung zieht. Zumindest neue Titel dürfte dieses Schicksal ereilen. Für den Moment bleibt aber auch im PlayStation-Lager alles beim Alten. Und die kürzlich bekanntgegebene Strategie, sich mit Exklusivtiteln für die Konkurrenz zu öffnen, dürfte das unterstreichen.
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