In Zeiten von Smartphones und Tablets scheint es immer weniger Platz für einen klassischen Laptop zu geben. Das liegt auch daran, dass die Geräte immer weiter zusammenrücken. Paradebeispiel dafür ist Apple, denn dort ist der Unterschied in Größe und Performance mittlerweile stark geschrumpft. Doch ist ein iPad vielleicht keine Ergänzung mehr, sondern schon ein Ersatz für ein MacBook? Wir haben es mit dem iPad Pro 12,9“ und einem MacBook Pro 2021 ausprobiert.
Das erfahrt ihr gleich
- Ein iPad als Mac-Ersatz: Gedanken vor dem Test
- Portabilität: Das iPad ist praktischer
- Leistung: Beide Geräte kommen kaum an ihre Grenzen
- Display und Kamera: Schön und noch schöner
- Der Elefant im Raum: iPadOS
- Das Tablet-Problem: Fehlende Anschlüsse
- iPad als MacBook-Ersatz: Es scheitert noch am Betriebssystem
Zunächst klingt ein Tablet als kompletter Ersatz für einen Laptop ziemlich wild: Diese schmalen Geräte, ohne viele Anschlüsse, nur mit einem „mobilen“ Betriebssystem ausgestattet sollen einen richtigen Computer ersetzen? Beim Blick in den Shop von Apple wird aber schnell klar, dass es vielleicht wirklich möglich ist. Dort findet sich nämlich das iPad Pro 12,9“ mit Speichervarianten bis zu zwei Terabyte, die dazu passende Tastatur „Magic Keyboard“ im TKL-Format, also ohne Zehnertastatur, und ein kleiner Bonus, der dem MacBook ohnehin voraus ist: der Apple Pencil. Das Paket schreit förmlich nach flexibler Laptop-Alternative.
Und auch preislich liegen die Geräte in ähnlichen Regionen. Unser Testgerät mit einem TB internem Speicher kostet bei Apple im Direktvertrieb 2.329 Euro – ohne Zubehör. Dafür gibt es sonst auch ein MacBook Pro in 13 Zoll mit 16 GB Arbeits- und einem TB internem Speicher (2.289 Euro). Die Tastatur kostet 369 Euro, der Stift 149 Euro Aufpreis. Günstig war die Technik von Apple noch nie. Umso mehr stellt sich bei mir der Gedanke ein: Ist es das im Vergleich zum MacBook wirklich wert?
Herausfinden lässt sich das nur in der Praxis. Deshalb habe ich mich über einige Wochen für ähnliche oder gleiche Aufgaben mal an das iPad Pro, mal an mein MacBook des Modelljahres 2021 gesetzt.
Unterwegs zu arbeiten ist wichtiger denn je, denn die Arbeitswelt hat sich in Teilen nachhaltig verändert. Ein Laptop ist unerlässlich und ein fester Desktop-PC in vielen Berufen undenkbar geworden. Einfacher mitzunehmen ist aber dennoch ein Tablet. Das ist auch in diesem Fall nicht anders. Stehe ich vor der Wahl, ob ich nun mein MacBook Pro oder das iPad Pro mitnehme, dann entscheide ich fast immer zugunsten des iPads.
Der Grund: Es ist einfach praktischer. Bei Gewicht und Größe nehmen sie sich zwar nicht allzu viel, gerade mit am iPad hängendem Magic Keyboard, etwas kompakter ist das Tablet aber dennoch. Gerade ohne die Tastatur wirkt es handlicher. Ein Totschlag-Argument für das Tablet ist das aber noch lange nicht.
Meine Anwendungsfelder sind leicht skizziert: Im Vordergrund steht natürlich die Textverarbeitung, gepaart mit einigen Produktivitäts-Tools, Bildbearbeitung und privat auch ein wenig Videoschnitt. Für die Pause darf es auch mal ein wenig Zeitvertreib durch ein Spiel sein.
Bisher hatte ich ein Tablet dafür nie in Erwägung gezogen, denn der Knackpunkt ist die Textverarbeitung. Schreiben macht auf einer digitalen Tastatur nicht mal bei Kurznachrichten Spaß, geschweige denn bei langen Texten. Selbst für eine kurze Mail habe ich deshalb bisher lieber den Laptop eingeschaltet und das Tablet aus der Hand gelegt. Das iPad Pro macht hier deutlich mehr Freude. Der Grund ist das Magic Keyboard – und dessen Bedienung. Apple liefert hier nicht nur eine Tenkeyless-Tastatur, sondern eben auch ein Touchpad als Maus-Ersatz.
Maus-Ersatz beim iPad? Ja, denn das iPad lässt sich auch so steuern. Statt einem Mauszeiger gibt es auf dem Display zwar nur einen Kreis zu sehen, der erfüllt aber den gleichen Zweck. Das Touchpad mag zwar klein sein, aber es funktioniert hervorragend. Das Tablet lässt sich sogar mit einem doppelten Tippen darauf aufwecken und es gibt einen deutlichen Mausklick. Mit dem Touchpad vom MacBook Pro kann es aber natürlich dennoch nicht ganz mithalten.
Bei der Tastatur selbst ist das ähnlich, denn die Druckpunkte auf dem MacBook Pro fühlen sich einfach deutlich besser an. Durch die sehr dünne Bauweise des Magic Keyboards fühlen sich Eingaben nicht richtig gut an. Aber das sei dem iPad geschenkt, schließlich soll es ja möglichst kompakt bleiben. Abstände und Höhe der Tasten erlauben dennoch ein recht bequemes Tippen, auch bei längeren Texten.
Ein Problem fällt dennoch direkt auf: iPadOS. Das Betriebssystem ist nicht für die Steuerung mit Maus und Tastatur gemacht, was an vielen Ecken deutlich auffällt. Oftmals habe ich das Gefühl, dass die Nutzung der Maus umständlich ist und ein Fingertipp besser wäre, aber umzugreifen fühlt sich eben auch nicht richtig an. Das Betriebssystem soll auch später noch den Eindruck trüben.
Word lastet keines der Geräte aus, dafür kommen schon eher Bild- und Videobearbeitung infrage. Schmeiße ich eine Reihe von Bildern in Adobe Lightroom und bearbeite sie nach, funktioniert das auf beiden Geräten flott und ohne merkbares Stottern. Selbst größere Mengen verarbeiten iPad Pro und MacBook Pro, ohne zu murren.
Bei der Videobearbeitung sieht es ähnlich aus. Durch Abschnitte scrollen, Schnitte setzen, Audio unterlegen und am Ende alles rendern: kein Problem. Apples hauseigene M‑Prozessoren lassen hier ihre Muskeln spielen. Hilfreich ist dabei auch der geteilte Speicher der Chipsätze, der Aufgaben deutlich beschleunigt. Während ich solche Power bei einem aktuellen MacBook Pro durchaus erwarte, ist sie in einem Tablet wirklich überraschend. Bisher kenne ich darin schließlich nur Apples Chips der A‑Reihe. Die sind zwar auch schnell, aber eben eindeutig Smartphone/Tablet-SoCs. Das iPad fühlt sich hingegen deutlich mehr nach Mac an – was mir sehr gefällt.
Bei der Darstellung sind hohe Auflösungen auf beiden Geräten gegeben. Bei meinem MacBook Pro sind es 3.024 x 1.964 Pixel bei einer Diagonale von 14 Zoll. Im iPad ist ein Display mit 2.732 x 2.048 Pixeln auf 12,9 Zoll verbaut. Knackscharf sind beide Bildschirme, was sich etwa sehr positiv auf die Darstellung von Text auswirkt. Das iPad hat mit einer etwas höheren Pixeldichte (264 zu 254 ppi) sogar leicht die Nase vorne.
Beide setzen auf Apples „Liquid Retina XDR“-Technik. Außerdem bieten beide eine ähnliche Helligkeit. Sie sollten also auch sehr ähnlich aussehen. Tatsächlich wirkt das iPad in meiner subjektiven Wahrnehmung aber ein Stück besser. Farben und Kontraste wirken hübscher, alles hat etwas mehr „Pop“.
Ein weiterer Pluspunkt für das iPad sind die Kameras. Das MacBook hat, typisch für einen modernen Laptop, nur eine Kamer für Videoanrufe in einer Notch oben am Display. Das iPad hat ebenfalls eine solche, aber eben auch noch zwei Außenkameras. So lässt sich schnell mal ein Foto aufnehmen, wenn es gerade sinnvoll ist. So kann das iPhone in der Hosentasche bleiben.
Apple hat es nur leider verpasst, die „Selfie“-Kamera des iPads anders zu platzieren. Sie befindet sich, wie bei einem iPhone, oben an der kurzen Seite des Displays. Weil ich das iPad Pro aber im Querformat nutze, wirkt sie deplatziert, zeigt mich von zu weit unten und macht Probleme, wenn ich das Tablet doch mal in die Hand nehme.
Bisher klingt alles nach einem recht klaren Sieg des iPads und einer deutlichen Ablöse des MacBooks. Ganz so einfach ist es aber nicht. Dem iPad steht nämlich eine Sache klar im Weg, um als echt Alternative zu einem Laptop gesehen zu werden: sein Betriebssystem. iPadOS ist im Prinzip ein um einige Tablet-Funktionen erweitertes iOS. Das ist auch an vielen Stellen zu merken. Alles ist auf Touch ausgelegt, die Maussteuerung wirkt nur wie eine Notlösung. Das Multitasking über den Stage Manager ist zwar eine gute Idee, wirkt aber im Vergleich zu macOS dennoch umständlich. Dazu kommt, dass es sich mit dem Touchpad nicht intuitiv bedienen lässt.
Das wohl größte Problem sind aber die Programme. Statt vollwertige Desktop-Versionen nutzen zu können, muss ich immer mit abgespeckten Apps leben. Den vollen Funktionsumfang von Lightroom, Photoshop, Word und vielen anderen Apps vermisse ich doch sehr. Das verwundert auch nicht, schließlich sind die Apps für alle iPads und oftmals auch iPhones konzipiert. Ich wünschte, es gäbe eine Möglichkeit, die vollen Mac-Programme auf dem iPad Pro zu installieren.
Ideal für mich wäre folgendes: Exklusiv auf dem iPad Pro lassen sich iPadOS und macOS nutzen. Verwende ich das Tablet als solches, also mit Touch- oder Stift-Bedienung, dann bin ich in iPadOS unterwegs. Bringe ich es am Magic Keyboard an, schaltet es automatisch auf macOS um und ich habe einen vollwertigen Mac. Dank Apple Silicon sollten zumindest die Differenzen bei der Hardware dabei kein Problem mehr darstellen. Bekäme Apple das irgendwie geregelt, wäre das iPad Pro um ein Vielfaches interessanter.
Ein relativ großes Problem haben Smartphone und Tablet gemein: fehlende Anschlüsse. Da ist auch das iPad Pro keine Ausnahme. Zur Verfügung steht nur ein USB-C-Port, der beim Aufladen besetzt ist. Das Magic Keyboard erweitert das Gerät um einen weiteren USB-C-Anschluss. Wirklich viel ist das aber natürlich nicht und ein Adapter ist Pflicht. In diesem Punkt hat Apple beim MacBook Pro deutlich mehr zu bieten. Zwar hatte auch das zeitweise mit einem Mangel an Anschlüssen zu kämpfen, mittlerweile stehen aber wieder Ports für HDMI, Kopfhörer und natürlich mehrere USB‑C-Anschlüsse parat. Sogar ein Kartenleser ist wieder im MacBook Pro verbaut. So lässt es sich sogar größtenteils ohne Adapter auskommen.
Dank des M2-Chipsatzes und des großen 12,9‑Zoll-Displays hatte ich ehrlich Hoffnung, dass das iPad eine Alternative und keine Ergänzung zu einem MacBook Pro ist. Leistung, Display und auch das Magic Keyboard haben gezeigt, dass es das Potenzial dazu hat. Das größte Defizit ist aber iPadOS. Das ist leider nicht wirklich für die „Pro“-Anwendung ausgelegt. Apps sind abgespeckt, Funktionen eingeschränkt und die Steuerung per Maus und Tastatur unausgereift. Angeblich soll Apple ja mit macOS auf dem iPad experimentieren und wohl zumindest eine größere Überarbeitung der Benutzeroberfläche von iPadOS planen. Sollte das passieren, rückt das iPad Pro weit oben auf meinen Technik-Wunschzettel und lässt das MacBook Pro zukünftig vielleicht doch noch einstauben.
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