Der Streit um das erste Gigapixel
Fälschlicherweise wird Max Lyons im Allgemeinen als der erste Fotograf angesehen, der mit seinem 1,09 Gigapixel großen Panorama des Bryce Canyon Nationalparks in Utah als erste Einzelperson die Gigapixelgrenze durchbrochen hat. Für diesen Meilenstein in der Fotografie-Geschichte setzte er im Jahr 2003 196 Einzelfotos mit einer Auflösung von jeweils 6 Megapixeln zusammen. Um dies zu bewerkstelligen, musste er einige Programme selbst entwickeln, da seine bisherige Panoramasoftware mit Bildern dieser Größenordnung nicht umgehen konnte.
Weit weniger bekannt ist dagegen, dass Jim Hellemn von Blue Ocean Art bereits im Jahr 1999 ein 1,77 Gigapixel großes Unterwasserbild des Bloody Bay Wall Korallenriffs aufgenommen hat. Für die über 300 Einzelaufnahmen, die für dieses Foto notwendig waren, verwendete Hellemn eine herkömmliche Analogkamera. Die Negative digitalisierte er anschließend mit einem Trommelscanner in einer Auflösung von 4.000 dpi. Insgesamt 23 Tauchgänge musste Larry Hellemn damals über einen Zeitraum von 10 Tagen absolvieren, bevor alle Bilder im Kasten waren. Anschließend brauchte es dann noch weitere 6 Monate Arbeit am Computer, bevor das gesamte Bild zusammengesetzt war. Im Jahr 2000 wurde das Bild dann schließlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und im Oktober 2001 wurde es sogar im National Geographic Magazine veröffentlicht. Aber auch, wenn Hellemn in Wirklichkeit derjenige war, der als Erstes die Gigapixel-Grenze durchbrochen hat, so war es doch das Bild von Lyons, welches den Stein für das weltweite Gigapixel-Wettrüsten ins Rollen brachte.
Wettlauf der Gigapixel
Nach der Veröffentlichung von Lyons Panorama stiegen die Gigapixel-Zahlen schnell an. So veröffentlichte die niederländische Firma TNO bereits ein Jahr später ein Panorama von Delft, welches das von Lyons um das 2,5‑Fache übertraf. Darauf folgte im Jahr 2006 ein hochauflösendes Panorama der Parete Gaudenziana, einem Freskenzyklus der 21 Bilder mit Erzählungen der Passion Christi zeigt, welches eine Auflösung von über 8 Gigapixeln besaß. Von diesem Punkt aus war es dann nicht mehr weit bis zur 10-Gigapixel-Grenze, welche ein Jahr darauf mit dem 13-Gigapixel-Panorama von Harlem fiel, welches aus über 2.000 Einzelbildern zusammengesetzt wurde.
Ende 2009 berichtete dann fast jede Fotozeitschrift über die Entstehung des Weltrekord-Panoramas von Dresden, welches mit seinen 26 Gigapixeln die doppelte Auflösung des Panoramas von Harlem erreichte. Die insgesamt 1.655 Einzelbilder, die für dieses Panorama notwendig waren, wurden von Holger Schulz von afb Media mit einer EOS 5D Mark II und unter Zuhilfenahme eines motorisierten Panoramakopfes innerhalb von 172 Minuten aufgenommen.
Ab diesem Punkt folgten in immer kürzer werdenden Zeitabständen immer höher aufgelöste Panoramen der unterschiedlichsten Hauptstädte, die ebenfalls für Furore sorgten. Das größte unter ihnen ist derzeit das 320 Gigapixel große Panorama von London , welches im Jahr 2013 aufgenommen wurde. Insgesamt waren drei Fotografen an diesem Panorama beteiligt, unter Ihnen auch Holger Schulz von afb Media. Zusammen benötigten sie 3 Tage, um die 48.640 Einzelbilder, die für dieses Panorama notwendig waren, mithilfe von 4 Kameras aufzunehmen.
Das größte Gigapixel ist nicht von dieser Welt
Das Panorama von London ist zwar aktuell das größte Stadtpanorama der Welt, allerdings ist das derzeit größte Gigapixel-Panorama mehr als doppelt so groß. Dieses 680 Gigapixel große Foto setzt sich aus insgesamt 10.581 Aufnahmen zusammen und zeigt die nördliche Polarregion des Mondes in einer atemberaubenden Auflösung. Insgesamt brauchte der Lunar Reconnaissance Orbiter 4 Jahre (2010 — 2013) um alle Aufnahmen zu erstellen. Aufgrund dieser langen Aufnahmezeit wird das Panorama des Mondes aber auch nicht als Gigapixel im herkömmlichen Sinne angesehen. Es handelt sich vielmehr um ein Kunstprodukt, welches aus Aufnahmen zusammengesetzt wurde, die Zeitlich weit auseinanderliegen.
Bis jetzt kein echtes Terapixel
Auch wenn einige Projekte die Terapixel-Grenze bereits überschritten haben, so handelt es sich bei diesen Bildern nicht um echte Terapixel. Microsofts Terapixel-Bild vom Sternenhimmel und die Gesamtheit von Google Maps setzen sich beispielsweise aus dem Bildmaterial von mehreren Jahrzehnten und von überall aus der Welt zusammen. Genau wie beim Mondpanorama handelt es sich bei ihnen somit nicht um zusammenhängende Bilder, sondern um zusammengesetzte Aufnahmen von stark unterschiedlichen Zeitpunkten. Selbst das Terapixel-Projekt der Gigapixel Ltd. aus Ilmenau ist kein echtes Terapixel. Es wurde zwar als einziges Projekt mit herkömmlicher Fototechnik aufgenommen, genau genommen handelt es sich allerdings nicht um ein einziges, zusammenhängendes Bild, sondern lediglich um 59 unterschiedliche Blickwinkel auf eine Dampflokomotive. Diese kommen zusammen zwar auf eine Gesamtauflösung von 1,5 Terapixeln, einzeln gesehen besitzt jedes einzelne Bild jedoch lediglich eine Größe von 25 Gigapixeln.
Auf dem Weg zu immer neuen Rekorden
Hochauflösende Gigapixel-Panoramen werden wohl auch in der nahen Zukunft nichts von ihrer Faszination verlieren. Denn selbst das Panorama von London hat die Grenzen des optisch und technisch machbaren noch nicht erreicht. Sieht man sich die rasante Entwicklung der Gigapixel-Panoramen an, so kann man gespannt darauf sein, welche neuen Rekorde in den kommenden Jahren noch gebrochen werden.