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OTTO-CEO Marc Opelt über die Geschichte des Versandhandels
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OTTO-CEO Marc Opelt über die Geschichte des Versandhandels

Ausstellung „Dein Paket ist da! Shoppen auf Bestellung“ führt durch 150 Jahre Homeshopping

Autor Roman Oncsak
Stöbern auf der Couch, Shoppen auf Bestellung, Lieferung an die Haustür – das Einkaufen von zu Hause ist seit Jahrzehnten fester Bestandteil unseres Konsumverhaltens. Kaum vorstellbar, dass dieses Konzept jemals neu war. Und doch beleuchtet eine von OTTO unterstützte Ausstellung im Hamburger Museum der Arbeit in diesen Tagen die Anfänge und Geschichte des Versandhandels. OTTO hat diesen wie kaum ein anderes in Deutschland geprägt – von den frühen Anfängen als Katalogversender hin zur Marktstellung als größter deutscher Onlineshop. Warum die Idee des Homeshoppings überdauert, weiß OTTO-CEO Marc Opelt.

Marc, wie kam es zu der Ausstellung?

Wir wollten anlässlich unseres 75. Geburtstags einen Blick auf die Anfänge werfen – und zwar nicht nur unsere, sondern die der gesamten Branche. Die Sonderausstellung beleuchtet neben der Vergangenheit auch die Gegenwart und Zukunft des deutschen Versandhandels. Wir haben inhaltlich beratend unterstützt und natürlich eigene Exponate beigesteuert. Darunter unseren ersten Katalog. Das Museum der Arbeit flankiert die Ausstellung zudem mit Bildungsangeboten, verschiedenen Veranstaltungen und einem Begleitmagazin mit vertiefenden Einblicken.

OTTO scheint in Deutschland synonym mit dem Versandhandel. Dabei war die Idee ja nicht neu, als Werner Otto vor 75 Jahren das Unternehmen gründete …

Der Versandhandel existiert hierzulande tatsächlich schon seit mehr als 150 Jahren. Es gab auch vor uns bereits Un­ternehmen, die ihr oft sehr spezialisiertes Angebot über Kataloge vertrieben haben. Aber Werner Otto hat die Idee auf ein neues Niveau gehoben. Im Nachkriegsdeutschland von 1949 gab es kein vergleichbares Angebot. Und vor allem keins, das so schnell skalierte: Der erste Katalog umfasste 28 Paar Schuhe. Knapp fünf Jahre später gab es neben Textilien auch Fahrräder und Elektrogeräte im Sortiment. Wir haben also sehr früh den Grundstein für unsere heutige Plattform gelegt – auch wenn unsere über 18 Millionen Artikel nicht mehr in einen Katalog passen [lacht]. Eine echte Innovation war zudem die Möglichkeit, auf Rechnung, statt per Nachnahme zu bestellen. Gerade in der Nachkriegszeit war das ein echtes Novum.

Einige namhafte Wettbewerber von damals haben die Zeit nicht überdauert. Was hat OTTO anders gemacht?

Wir haben uns stetig verändert und tun das auch heute noch. Das beste Beispiel ist der Start ins Onlineshopping im Jahr 1995. Nur ein geringer Teil der deutschen Bevölkerung hatte da überhaupt einen Internetanschluss. Aber Michael Otto hatte das Potenzial sehr früh erkannt und die Weichen gestellt. Diesen Punkt haben viele Wettbewerber von damals verpasst.

Onlineshopping ist für uns alle Alltag – für dich berufsbedingt umso mehr. Wenn du gedanklich aber einmal einen Schritt zurücktrittst: Was glaubst du, macht die Faszination Distanzhandel bis heute aus?

Der Grundgedanke ist seit jeher der der Convenience. Es ist einfach wahnsinnig bequem, zu Hause zu stöbern und mir mein Wunschprodukt einfach an die Tür liefern zu lassen. Und das aus einem Sortiment, das in keinen stationären Laden passen würde. Der Versandhandel hat uns eine ganz neue Vielfalt eröffnet, die es bis dato nicht gab. In der damals noch jungen Bundesrepublik getrieben durch das Wirtschaftswunder, wo die Menschen neuen Zugang zu einer ganz anderen Produktpalette gefunden haben. Später auch in der DDR, wo sich durch den Distanzhandel – trotz der vorherrschenden Einschränkungen und oftmaliger Lieferengpässe – eine neue Konsumwelt erschloss. Die Ausstellung im Museum der Arbeit zeigt sehr eindrucksvoll, wie eng verwoben das Konsumverhalten mit den historischen Entwicklungen war und nach wie vor ist.

Bequemlichkeit ist ein gewichtiger Faktor. Aber geht beim Shoppen auf der Couch nicht auch etwas verloren?

Ja und nein. Ich kaufe gern im stationären Handel ein. Ich merke aber auch, dass das nicht immer mit meiner Lebenswirklichkeit vereinbar ist. Und im hektischen Alltag geht das ganz vielen Menschen­ so, glaube ich. Online kann ich shoppen, wann es mir gerade passt. Ohne Öffnungszeiten, ohne Parkplatzsuche. Trotzdem genieße ich es, wenn ich Zeit habe, mal einen Schaufensterbummel zu machen. Es ist eine andere Art des Shoppings, ein kleines kuratiertes Angebot in den Auslagen präsentiert zu bekommen. Ich glaube, dass der E-Commerce mit Blick auf die Einkaufserfahrung da nach wie vor vom stationären Handel lernen kann.

Die Einkaufserfahrung im Distanzhandel hat aber ja auch seine ganz eigenen Reize. Die Vorfreude auf die Lieferung beispielsweise.

Nicht umsonst trägt die Ausstellung den Titel „Dein Paket ist da! Shoppen auf Bestellung“. Die Zustellung und das Paket selbst sind definitiv Teil der Shopping-Erfahrung geworden. Internet-Trends wie „Unboxing“-Videos zeigen, dass die Erwartung der Lieferung, die Vorfreude, der Erhalt, das Auspacken und Inspizieren des Artikels einen ganz eigenen Reiz ausmachen. Einer unserer Wettbewerber hat den Moment der Lieferung in der Vergangenheit wiederholt in seinen Werbespots überspitzt gezeigt. Diesen „Dopamin-Kick“ kennen wir glaube ich alle, wenn wir uns auf eine Lieferung freuen.

Manchmal aber auch gefolgt von der Ernüchterung, dass der Artikel doch nicht der Erwartung entspricht. Das Thema Retouren begleitet den Distanzhandel ja auch schon seit Anbeginn, oder?

Absolut. Und natürlich haben sich die Herausforderungen hier insbesondere durch die hohe Bestellfrequenz im Onlineshopping zugespitzt. Gleichzeitig ist das ökologische Bewusstsein gestiegen. Bei OTTO tun wir viel dafür, Retourenquoten zu senden und Retouren bestmöglich zu vermeiden. Das fing früher schon bei der Druckqualität der Kataloge an – Kund*innen sollten ja ein möglichst authentisches Bild, beispielsweise von der Farbe einer Bluse haben. Online haben wir da nochmal andere Möglichkeiten wie Größenempfehlungen, ausführliche Produktbeschreibungen, zoombare Fotos und CGI-Kreationen, Rezensionen und vieles mehr. So konnten wir die Retouren in der Vergangenheit maßgeblich reduzieren. Die Rücksendungen, die wir erhalten, gehen zu über 97 Prozent direkt wieder in den Verkauf.

Und wie sieht die Zukunft des Versandhandels aus?

Die Personalisierung des Einkaufserlebnisses wird weiter an Relevanz gewinnen: Wirklich passende Produktempfehlungen, virtuelle Anproben, KI-gestütztes Shopping im Dialog – hier gibt es sehr vielfältige Ideen. Gleichzeitig gilt es natürlich immer, effizienter zu werden. Was die Ausstellung unmissverständlich zeigt, ist, dass der Versandhandel ein unglaublich komplexes System aus Akteur*innen ist – von den Herstellern der Produkte über die Logistik-Expert*innen hin zu den Kund*innen. Diese Verbindungen zu optimieren, gleichzeitig aber auch einen verantwortungsvollen Handel zu betreiben, bleibt auch zukünftig auf der Agenda.

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