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Wissen, was morgen gekauft wird: Wie OTTO Künstliche Intelligenz zur Absatzprognose einsetzt
Technologie

Wissen, was morgen gekauft wird: Wie OTTO Künstliche Intelligenz zur Absatzprognose einsetzt

Über 30 Milliarden Einzelprognosen pro Monat für eine optimierte Logistik

Autor Roman Oncsak
Mit mehr als 18 Millionen Artikeln ist OTTO der größte deutsche Onlineshop. Um sicherzustellen, dass jedes Produkt in ausreichender Stückzahl vorhanden ist, und um zu vermeiden, dass Artikel über den Bedarf hinaus eingekauft werden, setzt das Hamburger Unternehmen auf Künstliche Intelligenz (KI).

Foto: Hermes / Willing-Holtz

Seit 2019 nutzt OTTO eine eigens entwickelte Lösung, um KI-gestützt zukünftige Artikelabsätze zu prognostizieren. Dieses „AI Forecasting" ist ein zentraler Bestandteil der strategischen Planung sowie der operativen Steuerung des Handelsgeschäfts. Die Prognosen dienen dem Unternehmen als Grundlage jeglicher End-to-End-Steuerung für Händler und Logistik.

KI-gestützte Absatzprognosen: Wie rentabel ist ein Artikel?

Das AI-Forecasting bietet einen holistischen „Blick in die Zukunft“ für alle Prozessbeteiligten – von der Sortimentierung hin zur Auslieferung an die Endkund*innen. So weiß OTTO, welche Artikel wann im Lager eintreffen und mit welchem Absatz zu welchem Zeitpunkt zu rechnen ist.

Die KI-gestützten Absatzprognosen zielen darauf ab, die Profitabilität eines Produktes zu bewerten. Sie helfen zu entscheiden, ob und in welcher Menge ein Artikel ins Sortiment aufgenommen werden sollte und auf welchem Weg er vertrieben wird – ob Produkte also beispielsweise als Lagerware über die konzerneigene Logistik distribuiert oder direkt vom Hersteller an die Kund:innen gesendet werden sollen. Basierend auf den Antworten können die zuständigen Abteilungen fundierte Entscheidungen für den Einkauf, die Lagerhaltung, das Marketing und viele andere Bereiche treffen. Auch der Vertrieb kann auf Grundlage dieser Erkenntnisse Verkaufsaktionen planen, um in nachfragestarken Zeiten mit dem richtigen Angebot aufzuwarten.

Optimierte Lagerlogistik dank Künstlicher Intelligenz

OTTO bestimmt mithilfe der KI bedarfsgerecht die Beschaffungsmengen, um Überbestände zu verringern, die das Unternehmen andernfalls mit teilweise hohen Verlusten im Sale verkaufen müsste. Zudem kann OTTO auf diese Weise seine Lagerlogistik optimieren, denn so befindet sich stets nur das auf Vorrat, was auch wirklich benötigt wird. Das ist nicht zuletzt aus einer Nachhaltigkeitsperspektive entscheidend, denn es hilft den Lieferanten dabei, Überproduktion zu vermeiden.
Gleichzeitig sorgen die Absatzprognosen dafür, dass Artikel auf Lager sind, wenn die Nachfrage anzieht. Die KI berechnet sogar potenzielle Umsatzeinbußen, die durch Nichtverfügbarkeit entstehen könnten. Mit Erfolg: Schon jetzt werden bereits 35 Prozent der Sortimente automatisiert nachgeordert.

Um eine rasche Lieferung an die Kund*innen zu ermöglichen, erstellt das AI Forecasting regionalisierte Prognosen. Es versucht vorherzusagen, welche Produkte wo und in welchen Stückzahlen bestellt werden. So optimiert OTTO effizient die Lieferkette, in dem die betreffenden Artikel vorausschauend schon an ein Verteildepot in der Nähe des erwarteten Bestellaufkommens geliefert werden können. Dies verkürzt nicht nur die Lieferzeiten, sondern reduziert auch den CO2-Ausstoß, da unnötige Transportwege vermieden werden.

Keine Wahrsagerei: Wenn Daten die Glaskugel ersetzen

Diese Prognosen sind dabei alles andere als Wahrsagerei. Sie antizipieren stattdessen das wahrscheinlichste Zukunftsszenario auf Basis vordefinierter oder aktueller Rahmenbedingungen. Hierzu zählen beispielsweise der Preis, der aktuelle Geschäftsklimaindex oder Vertriebsbudgets. Wo früher eine Maschine anhand einer durch den Menschen eingespeisten Formel Ergebnisse berechnet hat, ermittelt heute die KI aus den Daten die Formel und setzt die Daten wiederum in Abhängigkeiten zueinander. Bei OTTO tut sie das anhand von rund 30 Milliarden Einzelprognosen pro Monat. Täglich wird der mögliche Verlauf für rund 2,5 Millionen Artikelnummern für die nächsten 450 Tage analysiert. Die dafür herangezogenen Daten umfassen unter anderem historische Verkaufszahlen, das Kund*innenverhalten, saisonale Trends, Feiertage oder auch geplante Marketingaktivitäten. Auch das Wetter kann als Metrik mit einbezogen werden, um bei anstehenden Hitzeperioden beispielsweise den erhöhten Abverkauf von Ventilatoren zu antizipieren.

AI-Forecasting: Die Prognosen stehen positiv

Der Einsatz der KI zahlt sich aus: OTTO konnte durch die präzisen Vorhersagen die Rentabilität seiner Sortimente steigern, die Lagerlogistik optimieren und die Kundenzufriedenheit durch kürzere Lieferzeiten erhöhen. Kein Wunder also, dass OTTO kontinuierlich daran arbeitet, die Absatzprognose weiter zu verbessern. Allein in der Logistik will das Unternehmen durch eine prognosebasierte, automatisierte Steuerung im laufenden Geschäftsjahr zweistellige Millionenbeträge einsparen. Es bedarf also keiner Wahrsagerei, um zu erkennen: KI-gestützte Absatzprognosen sind die Zukunft eines wirtschaftlichen und verantwortungsvollen E-Commerce.

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