Katalog-Marketing geht heute anders!
Die Zukunft von Katalogen in der digitalen Welt
Sie waren Gesprächsthema der Republik, Schaufenster für Mode, Lifestyle und Zeitgeist, mit Auflagen in zweistelliger Millionenhöhe lagen sie in fast jedem Haushalt: Versandkataloge. Die 70er und 80er Jahre waren ihre goldenen Zeiten. Print lebte nicht nur, Print blühte.
Entsprechend einfach war die Marketing-Welt: Jeder potenzielle Kunde bekommt einen Katalog. Punktausende. Wie ein Gärtner seine Blumen goss, so verteilten die Händler ihre Wälzer über das Land. Daraufhin gingen die Bestellungen per Telefon oder Postkarte ein. Print wirkte. Print brachte Umsatz. Print machte Kunden glücklich.
Doch Schluss mit blumiger Nostalgie und zurück in die Gegenwart. Bald verabschiedet sich mit dem OTTO-Hauptkatalog der bekannteste dicke Wälzer aus Deutschland. Und das ist auch gut so, denn die Kunden brauchen und nutzen ihn in dieser Form nicht mehr – sie haben ihn abgeschafft. Aber gehört Papier jetzt endgültig begraben, als unmodern und gestrig geächtet? Ich glaube nicht daran. Nicht wegen irgendeiner romantischen Verbundenheit. Sondern weil Print – clever und modern eingesetzt – doch noch eine Aufgabe erfüllen kann.
Katalog- oder Magazinformate, die es schaffen, Geschichten zu erzählen, zu inspirieren, zu unterhalten, ergattern einen begehrten Platz: das Zuhause der Kunden. Zusätzlich zu den zahllosen Kontaktpunkten in der digitalen Welt ist so ein Berührungspunkt noch viel wert. Nämlich genau dann, wenn der Mensch sich eine Auszeit von digitalen Botschaften nehmen will. Zurückgelehnt. Auf dem Sofa. Ein Moment der Ruhe, den eine Marke nutzen kann.
Doch wie setze ich ein paar Seiten Papier so ein, dass sie in einer zunehmend digitalisierten Welt noch wirken? Ganz einfach: Indem ich mein Denken auf das 21. Jahrhundert anpasse. Indem ich mich nicht in Auflagenhöhe, Doppelseiten und Sternchentexte vertiefe, sondern Technologie mitdenke. Smartes Katalogmarketing funktioniert heute nicht ohne Tech.
Konkret: Wir bei OTTO ermitteln mit Hilfe von Datenprognosen die Sortimentsvorlieben, die Printaffinität sowie die Kaufwahrscheinlichkeit von Nutzern und entscheiden auf dieser Basis, ob und welches Printformat für einen Kunden geeignet ist. Im nächsten Schritt kommen personalisierte Werbemittel zum Einsatz, etwa eine Postkarte mit individualisierten Produktempfehlungen. Statt Gießkanne (für alle gleich viel) gibt es also datengetriebene Analysen und Scoringmodelle, die bei der Entscheidung helfen, ob ein Printwerbemittel zum Einsatz kommt oder nicht. Wir stellen uns als Gärtner also nicht mehr nur die Frage: „Wasser – ja oder nein?“, sondern fragen: „Wie lange hat es nicht mehr geregnet, welche Erde brauche ich, welche Nährstoffe mische ich in meinen Pflanzencocktail, damit das Pflänzchen wächst?“
Der Blick auf einen Katalog täuscht heute also ein wenig: Augenscheinlich hat sich am Format – die Frisuren und Modestile seien hier mal ausgeklammert – seit 20, 30 Jahren nichts verändert. Die Technologie im Hintergrund ist aber entscheidend anders. Sie verbindet die analoge mit der digitalen Welt. Ob’s für eine zweite Printrenaissance reicht? Wohl kaum. Aber gleichzeitig bin ich gespannt darauf, wie lange sich der Nutzer noch für Printformate begeistern wird.