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Bootcamp für Coder - In drei Monaten zur Entwicklerin
Technologie

Bootcamp für Coder - In drei Monaten zur Entwicklerin

Ein Quereinstieg in drei Monaten – Einfach? Nein. Machbar? Ja. Die Hamburgerin Alexa Weber wagte im Frühjahr einen großen Schritt: Sie gab ihren aktuellen Job im Online Marketing auf, um in ihrem Traumberuf als Entwicklerin zu arbeiten.

Autorin Nele Ackermann Lesedauer: 4 Minuten
Alexa Weber, 26, ist laut eigener Aussage ein Bücherwurm - und fasziniert vom Coden. Frisch aus der Schule, entschied sie sich aber für ein klassisches duales Studium im Bereich Business Administration und arbeitete bei einem Fashion-Onlinehändler. Nach ihrem Abschluss folgte dann erst einmal ein Jobwechsel in eine Agentur für Online Marketing.

Alexa, du hast ja eigentlich einen anderen Background: Woher kommt dein Interesse für Technik?

In meinem damaligen Job als Account Managerin in einer Onlineagentur bin ich das erste Mal mit UX-Design in Berührung gekommen und fand es total spannend. Außerdem habe ich einige Freunde, die Informatik studieren, wodurch ich auch mein Interesse am Coden entdeckt habe. Deswegen habe ich angefangen, mir nach der Arbeit selbst HTML und CSS beizubringen. Irgendwann habe ich dann selbst eine eigene Website gebaut.

Und dann hast du die Entscheidung gefasst, dich beruflich umzuorientieren?

Genau, irgendwann war der Punkt erreicht, an dem ich meinen Job aufgeben wollte, um das Coden richtig zu lernen und mich so für einen neuen Beruf zu qualifizieren. Also habe ich gekündigt. Danach habe ich mich erstmal mit amerikanischen Tech-Bootcamps beschäftigt, aber wegen der hohen Kosten für so einen Auslandsaufenthalt habe ich mit meiner Anmeldung gezögert. Zufälligerweise entdeckte mein Freund dann das Bootcamp neue fische in Hamburg, das ganz neu starten sollte. Ich habe mich direkt beworben.

Erfolgreich! Du hast Anfang April mit dem dreimonatigen Bootcamp begonnen. Wie kann man sich so ein Coding-Bootcamp vorstellen?

Das Bootcamp ist ein sehr praxisorientierter Workshop. Ein Coach betreut etwa 15 Leute. Ich für meinen Teil dachte, ich hätte mit meinen HTML- und CSS-Kenntnissen einen kleinen Vorteil gegenüber den anderen. Aber dieser Vorsprung war innerhalb von zwei Wochen von den anderen Teilnehmern aufgeholt. Der Lerneffekt war wirklich hoch: Nach den ersten zwei Stunden haben wir alle die ersten paar Zeilen Code geschrieben. Und im letzten Monat konnten wir dann eigenständig an einem digitalen Gesellenstück arbeiten. In meinem Fall war das – meinem E-Commerce-Hintergrund geschuldet – eine Shopping-App mit verschiedenen Filtermöglichkeiten und einer Wishlist-Funktion.

Fiel es dir insgesamt schwer, dich tiefer in das neue Themenfeld einzuarbeiten?

Anfangs musste ich auch abends noch sehr viel dafür tun, um mit dem hohen Lerntempo zu können. Aber irgendwann wird es einfacher. Es sollte sich allerdings niemand der Illusion hingeben, dass es leicht wäre, in drei Monaten Coden zu lernen und man nebenbei noch viel anderes machen könnte.

Es herrscht ein Fachkräftemangel. (...) Ich glaube nicht, dass so eine Nachfrage nur durch Informatikstudenten abgedeckt werden kann.

Alexa Weber, 26

Wie ging es nach dem Bootcamp für dich weiter?

Schon zu Beginn des Bootcamps hatten wir Besuch von verschiedenen Firmen, die sich bei uns vorgestellt haben – unter anderem auch OTTO. Das Unternehmen fand ich schon vorher spannend und habe deshalb die beiden OTTO-Kollegen direkt angesprochen und mit meinen Fragen gelöchert.

Nachdem ich dann meinen Lebenslauf eingereicht hatte, bekam ich eine Einladung zum Bewerbungsgespräch für eine Stelle als Junior Software Developer. Das Gespräch war super - und endete mit einem zweistündigen Probearbeiten, damit das Team und ich uns beschnuppern konnten. Ich war total aufgeregt. Ein paar Tage später folgte ein zweites Gespräch – und dann habe ich die Zusage bekommen.

Wie war dein Start bei OTTO? Konntest du ohne Probleme einsteigen?

Problemlos lief es auf jeden Fall nicht. In drei Monaten einen komplett neuen Job zu erlernen und einen Quereinstieg zu wagen, ist extrem anspruchsvoll. Gerade bei OTTO basiert viel auf Java, was ich gar nicht im Bootcamp gelernt habe. Das ist schon eine echte Herausforderung. Zum Glück erwartet niemand, dass ich gleich 100 Prozent selbstständig arbeite. Ich arbeite viel im Pairing, was üblich in diesem Bereich ist – und so lerne ich natürlich auch super viel.

Zwar war es der große Vorteil vom Bootcamp, dass ich viel Praxiserfahrung mitnehmen konnte, allerdings fehlt mir manchmal auch der theoretische Hintergrund, um den Gesamtkontext zu verstehen. Es wird sicherlich noch etwas dauern, bis mir wirklich alles klar ist.

Wie wichtig sind solche Programme wie das Bootcamp, das du absolviert hast?

Ich glaube, dass dieser Trend von Bootcamps hier in Deutschland eine Reaktion auf die Arbeitsmarkt-Situation ist. Es herrscht ein Fachkräftemangel und gerade in der IT-Branche werden akut viele Entwickler gesucht. Ich glaube nicht, dass so eine Nachfrage nur durch Informatikstudenten abgedeckt werden kann. Es ist leider ja immer noch so, dass sich viele Frauen gegen ein technisches Studium entscheiden, weil dieser Bereich sehr klischeebehaftet ist.

Außerdem sind die Ansätze von Bootcamps im Vergleich zum Studium sehr verschieden: Das Informatikstudium beinhaltet sehr viel Theorie, obwohl sich Unis und Fachhochschulen aktuell sehr viel Mühe geben, das Lernen praktisch zu gestalten.

Woran liegt das?

Das Problem ist, dass die Inhalte an einer Uni stark von der Akkreditierung eines Studiums abhängig sind und die Technik sich immer schneller weiterentwickelt. Da kann eine Uni nicht so schnell drauf reagieren, wie es wiederum ein Coach in einem Bootcamp kann. Deswegen ist neuefische sehr dafür geeignet, um einen Quereinstieg zu ermöglichen. Man kann in kurzer Zeit sehr praktisch in den Entwicklerjob eintauchen und lernt, mit den neuesten Technologien zu arbeiten.

Glaubst du, dass solche Bootcamps zukünftig Ausbildungsberufe oder Studiengänge ablösen können?

Das kann ich gar nicht eindeutig beantworten. Ich glaube, dass solche Bootcamps die Einstiegsmöglichkeiten erweitern werden. Vermutlich wird es immer Ausbildungen und Studiengänge in diesem Bereich geben – gerade, weil ein Studium eine ganz andere Ausrichtung als ein Bootcamp hat. Ich habe beispielsweise keine Ahnung von IT-Security, was man zum Beispiel in einigen Studiengängen sehr intensiv lernt und in bestimmten Bereichen auch explizit gefordert wird. Dafür konnte ich mit Praxiswissen einsteigen.

Für alle, die noch mehr zum Bootcamp von neue fische erfahren möchten, können hier in den Otto Group-Podcast mit Geschäftsführerin und Gründerin Dalia Das hören.

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