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Connected Commerce: Handelskammer sieht Händler in der Pflicht
Technologie

Connected Commerce: Handelskammer sieht Händler in der Pflicht

Vor rund 100 Tagen haben OTTO und die ECE begonnen, ihre Einkaufswelten digital zu vernetzen

Autorin Elena Rasmussen Lesedauer: 4 Minuten
Kund*innen können auf otto.de prüfen, ob online verfügbare Artikel eventuell auch in einem Ladengeschäft in der Nähe angeboten werden – und diese vor Ort abholen. Was bedeutet das für den Einzelhandel in den Innenstädten? Rücken E-Commerce und Retail dichter zusammen? Wir haben Heiner Schote, stellvertretender Geschäftsführer Abteilung Handel der Handelskammer Hamburg, um eine Einschätzung gebeten

Hallo Herr Schote, wie beurteilen Sie Connected-Commerce-Konzepte grundsätzlich?

Aus Perspektive des Händlers sehe ich das positiv, da dieser Service auch kleinen Unternehmen die Möglichkeit des Omnichannel-Commerce eröffnet. Oftmals verfügen kleinere Handelsgeschäfte nicht über einen eigenen Onlineshop. Über die angestrebte Plattform werden diese Geschäfte sichtbar und können mit zuverlässigen Hinweisen zur Warenverfügbarkeit bei den Kund*innen punkten. Aus deren Sicht lohnt sich der Weg ins Geschäft, wenn das Gesuchte dort vorhanden ist. Haben sie die Türschwelle erst einmal überschritten, kann der Einzelhandel mit Beratungskompetenz und Sortiment seine Servicequalitäten überzeugend vermitteln. Nicht zuletzt profitieren alle Geschäfte im Center, da sie von den Kund*innen vor Ort wahrgenommen werden. Auch ich als Kunde sehe ebenfalls Vorteile. Denn es ist schon ein anderes Shoppingerlebnis, wenn ich über mein Smartphone im Warensortiment eines Centers mit seinen vielen Anbieter*innen stöbern kann und weiß, welcher Artikel wann und wo verfügbar ist.

Welche Vor- und Nachteile könnten sich durch derart vernetzte Handelskonzepte für den stationären Einzelhandel ergeben?

Stationäre Händler sind aufgefordert, sämtliche Vorteile zu nutzen. Dazu zählen die digitale Auffindbarkeit ebenso wie die Nutzung aller verfügbaren Verkaufskanäle. Das kommt den Erwartungen der Stammkund*innen entgegen und eröffnet zudem Chancen zur Neukund*innenakquise und zur Realisierung von Zusatzverkäufen. Wünschenswert wäre eine flächendeckende Ausstattung der Ladengeschäfte mit WLAN, was vor allem Tourist*innen ansprechen dürfte. Ein Nachteil resultiert für die Händler allenfalls aus der gewachsenen Transparenz des Warenangebotes. So können zum Beispiel Kund*innen Geschäfte mit gleichen Produkten leichter finden und sich frei entscheiden, wo sie kaufen möchten. Dieser mögliche Nachteil dürfte sich allerdings angesichts der Kunden*innenverteilung im Stadtgebiet relativieren.

Welche Chancen sehen Sie für die Hamburger Business Improvement Districts oder auch allgemein für innerstädtische Einkaufszonen, etwa für die Hamburger City?

Quartiere sollten sich – wie ECE-Shoppingcenter – auf den Plattformen als Quartier darstellen und so die Attraktivität des Standortes steigern. Im Wettbewerb um die Gunst der Kund*innen stehen sie vor den gleichen Herausforderungen wie die Center. Aus Kund*innensicht wäre ein gemeinsames Händlerportal für die Metropolregion ideal.

Heiner Schote - Foto von Ulrich Perrey

Online suchen, offline abholen – könnte das der nächste Shoppingtrend werden?

Bestimmt. Denn im Gegensatz zu früheren, vordigitalen Zeiten treibt nicht mehr das Angebot die Kund*innen auf die Suche. Heute treibt eher die Technik in Kund*innenhand den Einzelhandel. Zur Kund*innengewinnung und -bindung gilt es, sogenannte „Pain Points“, also Gegebenheiten, die bei der Shoppingtour verstimmen könnten, zu minimieren, und sogenannte „Gain Points“, das sind positive Erlebnisse, zu forcieren.

Wie muss sich Ihrer Meinung nach der lokale Handel auf das sich verändernde Kunden- und Einkaufsverhalten im Windschatten der Digitalisierung einstellen?

Der Handel muss die Produktverfügbarkeit zuverlässig kommunizieren, er muss besondere Erlebnisse im Ladengeschäft richtig vermitteln und die Geschichten hinter den Produkten auch online verfügbar machen. Ein Vorreiter in dieser Hinsicht ist sicherlich bonprix mit dem Fashion Connect-Store in der Mönckebergstraße.

Wenn Sie einmal in die Zukunft blicken: Welche aktuellen Trends und Strömungen könnten das Einkaufen nachhaltig verändern?

Angesichts der rasanten technischen Entwicklung ist eine Antwort darauf schwierig. Zentrale Herausforderung für den Handel ist und bleibt die Kund*innenpräferenz. Heutige mögliche „Pain Points“ sind zu minimieren. Dabei zeigt sich, dass Online-Services eingebettet bleiben in die analoge Umgebung des Standortes und des Ladengeschäftes. Handlungserfordernisse beispielsweise liegen weiterhin in der verkehrlichen Erreichbarkeit, in den sich wandelnden Präferenzen bei der Wahl des Verkehrsmittels, im Erscheinungsbild von Standort und Ladengeschäft, in unterstützenden Services beim Warentransport und in flexiblen Bezahlungsmethoden.

Mehr Informationen zu Connected Commerce gibt es hier.