Teil 1: „Ich muss kritikfähig sein, wenn Kund*innen mit schlechter Laune anrufen“
Zwei Produktberater*innen, Ben und Alina, erzählen in zwei Teilen über ihren Arbeitsalltag, witzige Kundengeschichten und ihre ausgeprägte Hilfsbereitschaft
Es gibt Call-Center, die vor dem persönlichen Gespräch erst einmal durch Warteschlangen führen, oder Kund*innen mit einem Chatbot schreiben lassen. Es gibt Shops bei denen der Kundenservice sich darüber definiert, mit einer Navigation und Suchfunktion zum Wunschprodukt zu führen. Und es gibt diejenigen, die per Telefon, Chat, Messenger und Whatsapp die ganze Woche von 8 bis 22 Uhr für den/die Kund*in erreichbar sind.
Die OTTO Produktberater*innen kennen nicht nur technische Merkmale eines Produkts, sie geben auch Empfehlungen, sind Kummerkasten und Punchingball und helfen mit ihrem enormen Wissensstand. Der Bereich Kundenservice ist für Sätze wie „Der Kunde ist König“ und „Der Kunde hat immer recht“ bekannt. Diesen glücklich und zufrieden zu sehen, hat in diesem Beruf immer noch oberste Priorität.
Einen Tag in der Produktberatung
Ich begebe mich einen Nachmittag in die Produktberatung am Überseering in Hamburg. Ich möchte wissen, wie Berater*innen dort arbeiten, was ihre Herausforderungen sind, wie sie New Work definieren und was für Menschen hinter den Telefonstimmen stecken. Dort angekommen, fällt mir als Erstes auf, wie freundlich dieses Relation-Center eingerichtet ist. Alles hell gestaltet mit vielen Fenstern, jeder/jede Mitarbeiter*in arbeitet an verstellbar, abgeschotteten Tischen, manche sitzen, manche stehen, einige haben Headsets auf, aber nicht alle. Es ist für ein Call-Center so ruhig, obwohl volles Haus ist. Ich lerne Stefanie Bartels kennen, Leiterin Kundenberatung hier in Hamburg. Sie stellt mir Benjamin und Alina vor. Ein alteingesessener Produktberater und ein junger Neuling.
Benjamin Geiseler, in seinem Team Ben genannt, ist fachverantwortlicher Produktberater Multimedia bei OTTO am Standort Hamburg und weiß, wie die richtige Ansprache gegenüber Kund*innen zu sein hat. Denn er telefoniert nicht nur täglich mit diesen, sondern trainiert auch neue Mitarbeiter*innen im Bereich Multimedia. Der 30-Jährige kam, wie viele in der Produktberatung, über Umwege zu OTTO. „Vor 8 Jahren habe ich eine neue Herausforderung und andere Arbeitszeiten gesucht, weil ich Papa geworden bin“, erzählt Ben beim Kaffee im bunten Aufenthaltsraum im Relation-Center. „Ich wollte einfach nicht mehr 24/7 unterwegs sein. Da hat sich das angeboten. In der Produktberatung zu arbeiten passte damals und heute gut zu meinem Leben. Ich habe mit einem kleinen Vertrag angefangen und nur sechs Stunden gearbeitet und nach und nach gemerkt, dass das Thema Multimedia mir liegt und ich auch gerne hierherkomme. Jetzt bin ich in Vollzeit da, bin Trainer und ausgebildet als Fachverantwortlicher.“ Für den zweifachen Vater besonders wichtig: Flexibilität. „Ich habe zwei Kinder, die werden nun acht Jahre und ich wollte nicht die ganze Zeit unterwegs sein. Bewusste Flexibilität, indem Mitarbeiter*innen mal früh oder mal spät zur Arbeit kommen und so ihre Schichten selbstständig einteilen, ist hier etwas Besonderes. Wir haben ein Planungssystem und vergeben unsere Schichten selbstständig. Meist bekommt man die gewünschte und das ist echt toll“, erzählt Ben.
Gelernt hat er etwas ganz anderes: Ben ist ausgebildeter Sozialversicherungsfachangestellter. Heute bringt er, zusätzlich zu seinem Fachwissen, als Trainer den Neuen das Vorkauf- oder Basiswissen näher. Des Weiteren schult er auch das Nachkaufwissen, dies ist die Schulung, um Kund*innen bei Problemen zu beraten. „Dann bin ich in der Lehrerposition“, sagt Ben grinsend.
Für Multimedia hat er sich aktiv entschieden. „Ich habe mich schon als kleiner Junge auf das neueste Windows gefreut. Ich hatte natürlich auch eine Playstation und habe Nintendo mit meinem großen Bruder gespielt. Kurz bevor ich zu OTTO kam, setzte ich mich schon viel mit dem Thema im alten Job auseinander und wollte weiterhin in diesem Bereich arbeiten.“ Privat ist Bens Lieblingsthema Smart Home, alles was mit Alexa und Google Home und Lichtsteuerung zu tun hat. „Wir beraten bei allem, was einen Stecker hat und darüber hinaus. Wenn es um Interessen geht, liegt Smart Home vorne und nimmt stark zu.“
Die Aufgaben der Produktberater*innen
Der Großteil der Kund*innen ist dankbar für die Hilfe, erklärt Ben. Doch wir alle kennen es: Wir warten sehnsüchtig auf ein Produkt, packen es aus, schließen es an und es passiert… nichts. „Natürlich muss ich auch kritikfähig sein, wenn Kund*innen mit einer schlechten Laune anrufen, weil zum Beispiel etwas kaputt ist. Das kann jeder von uns nachvollziehen. Wir haben doch auch schon defekte Produkte erhalten. Sie können also ihren Frust bei mir loswerden und dann versuchen wir immer zu helfen.“ Was fragen Käufer*innen Ben am Telefon? Oft brauchen sie Auskunft über die passende Lautsprecherbox zu ihrer Anlage, oder technische Hilfe beim neuen Smartphone, erklärt mir Ben. Sein Tag besteht nicht nur aus Kaufabschlüssen, sondern dreht sich um vielfältige Problemlösungen und individuelle Beratung. Was ist in der Anschaffung wirklich sinnvoll, was passt zu anderen technischen Geräten, die schon im Haushalt vorhanden sind? So finden die Berater*innen Alternativen. Das alles machen sie nicht nur per Telefon, sondern auch per Chat, Messenger und mittlerweile Whatsapp.
Kommunikationstalente
Multitaskingfähig bin ich überhaupt nicht und kriege schon beim Anblick der vielen offenen Chats und Seiten Herzklopfen. Ben erklärt mir an seinem Arbeitsplatz, wie er arbeitet und beruhigt mich: Alle Mitarbeiter*innen bearbeiten telefonisch einen/eine Kund*in nach dem anderen und schieben dazwischen die Chats ein. Dabei beantworten sie aber zwei gleichzeitig. Also doch Multitasking. Wahnsinn, wie schnell sie alle in ihren Themen springen müssen und auch können. Vor fünf Minuten ging es noch um ein Alexa-Problem und nun redet Ben über unterschiedliche Digitalkameras. Währenddessen checkt er noch alternative Angebote am Telefon, um diesem das Rund-um-Sorglos-Paket anbieten zu können. Ich lerne schnell, dass hier lösungsorientiert gearbeitet wird. Es geht immer darum zusammen Aufklärung zu leisten und für Antworten zu sorgen. Die meisten, die bei den Produktberater*innen anrufen, haben weniger technisches Verständnis von ihren Handys, PCs oder Tablets, erklärt mir Ben. Natürlich gibt es auch richtige Techies, die sich dann intensiv mit dem/der Berater*in austauschen.
Auf die Frage, was dem Produktberater besser gefällt, telefonieren oder chatten ist seine Antwort ganz schnell klar: „Telefonieren. Da kann ich viel besser hören, wie die Stimmung ist, eine Verbindung aufbauen und vor allem meiner Meinung nach auch besser helfen. Beim Telefonieren merkst du direkt, wenn du helfen kannst. Im Chat ist es relativ schwierig. Die Kund*innen schreiben eine Nachricht, du schreibst zurück und weißt nicht genau, ob es etwas gebracht hat.“ Um 16 Uhr ist für Ben dann Schluss, er muss seine Kids abholen. Ich gehe rüber zu Alina, setze mich zu ihr. Auch bei ihr ist eines direkt offensichtlich. Helfersyndrom. Ganz klar.
Spaß, Kolleg*innen und die Entwicklungsmöglichkeiten halten Ben seit acht Jahren bei OTTO. „Egal, wo du herkommst, egal wie alt du bist, du kannst hier etwas werden“, sagt der zweifache Papa lächelnd. Ich stelle beim Gespräch mit Ben ziemlich schnell eines fest: er ist nicht nur sehr aufmerksam, sondern hat dazu auch eine ausgeprägte Hilfsbereitschaft. Aber dazu im zweiten Teil mehr.
Wie Alina zu ihrem Job kam? Darüber lest ihr in Teil 2.