Wie kommt die Couch ins Haus?
Über die Schnelllieferung von großen Möbeln
In der Zukunft funktioniert Möbelhandel: anders. OTTO, Deutschlands führender Online-Möbelhändler, hat angekündigt, seinen Next Day Delivery Service – also die Lieferung am nächsten Werktag – ab 2020 auch auf Möbel auszurollen. Und baut dafür in der Metropolregion Nürnberg gerade ein riesengroßes Lager. Heute auf „Bestellen“ klicken und morgen schon Fußball auf der neuen Couch gucken - und keine sechs bis acht Wochen Wartezeit mehr.
Warum dauert Möbelkauf eigentlich sonst immer so lange?
„Um zu verstehen, warum viele Kund*innen noch sehr lange auf ihr Möbelstück warten, müssen wir hinter die Kulissen schauen“, sagt Marieke Hartung, die bei OTTO Logistik-Projekte leitet. „Ein Sofa zu liefern, ist eben doch eine andere Hausnummer, als ein Paar Schuhe oder eine Jeans zu verschicken.“ Für die Kund*innen beginnt nach dem Kaufklick das vorfreudige Warten, für die Logistik-Systeme und Versanddienstleister ein Wettlauf gegen die Zeit.
„Nachmittags ist Cutoff“, sagt Marieke. Alle Aufträge, die bis zum Beispiel 15 Uhr eingegangen sind, arbeiten die Mitarbeiter*innen in den Lagern ab, holen die Ware aus den Gängen und Fächern in den Hoch-Regalen, transportieren sie mit Gabelstaplern über die riesigen Lagerflächen an die Übergabepunkte. Dort übernehmen die Versanddienstleister. Bei OTTO ist das der Hermes Einrichtungs Service, HES. Die Traumcouch hat einen Barcode, der unter anderem symbolisiert, in welche Richtung das gute Stück aus dem Lager transportiert wird: Per LKW rollt die Couch noch in der Nacht Richtung Zwischenlager, auch Depot genannt. Von dort verladen die Mitarbeiter*innen sie am nächsten Tag auf die Auslieferungslastwagen und transportieren sie zum Ziel.
Klingt schnell, logisch und unkompliziert. „Ist es aber nicht. Und deshalb wird diese Über-Nacht-Lieferung auch niemals für alle Möbel umsetzbar sein, die online gekauft werden“, macht Marieke deutlich.
Individualität braucht Zeit
Das bestätigt auch André Müller, bei OTTO Direktor Home & Living. Denn: Je individueller der eigene Geschmack ist, desto länger dauert es, bis das Wunschmöbelstück – von der Couch über die Esszimmerstühle bis zur Schrankwand – auch tatsächlich aufgebaut im eigenen Zuhause steht.
„Das liegt daran, dass es dieses Möbelstück zum Zeitpunkt der Bestellung meist noch gar nicht gibt“, erklärt André. „Built-to-order“, so heißt das im Branchen-Jargon, gilt heute für die meisten Möbel und bedeutet zum Beispiel, dass der schwarze Standard-Zweisitzer, den man sich per Konfigurator zum blau bezogenen Dreisitzer umbaut, nach der Bestellung eben erstmal produziert werden muss. Erst dann wird er verladen, transportiert und aufgebaut. Das dauert seine Zeit. „Die allermeisten Möbel, die heute online gekauft werden, liegen nirgendwo auf Vorrat“, verdeutlicht André. „Möbel brauchen Platz. Und Platz kostet Geld.“
Wofür baut sich dann OTTO ein eigenes Lager auf eine fränkische Wiese, um von dort Möbel auf die Reise durch Deutschland zu schicken? „Die große Kunst ist zu wissen, was der*die Kund*in will“, erklärt der Möbel-Direktor. Heißt: Mit Datenprognosen lässt sich schon im Voraus absehen, wie viele Kund*innen wann was kaufen werden. Entsprechend kann ein Händler sich darauf einstellen und mehr Mainstream-Ware einlagern. „Das sind solche Möbel, die einen breiten Geschmack treffen, von denen wir also wissen, dass sie schnell ihre Abnehmer*innen finden.“
Heißt zusammengefasst: Wer seinen Möbelgeschmack mit vielen anderen teilt, hat gute Chancen, sein Wunschmöbelstück schneller zu erhalten als alle mit Extra-Wünschen.
„Online-Möbelhandel wird in Zukunft noch mehr Spaß machen“
Auch wenn das selbstkonfigurierte Sofa wohl auf absehbare Zeit nicht schon am nächsten Tag ins Wohnzimmer gebracht werden kann, wird Online-Möbelkauf in Zukunft „noch mehr Spaß machen!“, da ist sich André sicher. Dafür sorgen unter anderem die neuen Technologien, die es immer einfacher machen, von zu Hause zu wissen, was ins Zuhause passt: ob per CGI (Computer Generated Imagery) oder dank Augmented Reality. Ganz neu ist das Möbel-Shoppen per Visual Search. Wer sein Traumsofa auf einer Party sieht, fotografiert es und beauftragt die Suchmaschine damit, es zum Kaufen im Netz zu finden.
Und die Inspiration? Bei Fashion und Styling funktioniert es bestens, jetzt werden sie auch für den Möbelkauf im Web immer wichtiger: Influencer. „In vielen Fällen sind es gerade die Mode-Influencer, die eher nebenbei ihren Wohn- und Einrichtungsstil teilen und damit das Kaufinteresse ihrer Follower wecken“, weiß André. Aber es gibt auch viele Influencer, die sich mit den Themen Einrichtung und Interior Design beschäftigen. André nennt ein Beispiel: "Zwei Bloggerinnen aus Hamburg haben uns mit in ihre Wohnung genommen und mit Hilfe unseres 360°-Tools ihr Zuhause vorgestellt. Mehr verraten sie dann in ihren Blogs und Social-Media-Kanälen. Einige der Möbel und Accessoires gibt es dann direkt bei uns zu kaufen."