Fashion-Einkäufer bei OTTO: Was wollen Kund*innen in der nächsten Saison anziehen?
Das Bild, das einem vorschwebt, wenn man an den Einkauf im Bereich Mode denkt, sieht vielleicht so aus: Scrollen durch Streetstyles, Termine in Showrooms und Begutachten von unzähligen Kleidungsstücken. Doch das stimmt nicht ganz.
Dennis, der in seiner Freizeit gern Hockey spielt und sich dabei am liebsten von seinen zwei Kindern anfeuern lässt, hat eine kleine Zeitreise hinter sich: Mit 22 startete er seine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann bei OTTO. Er hat den Wandel der Digitalisierung im Einkaufsbereich miterlebt und die Veränderungen im Fashion-Business und in seiner Rolle immer positiv empfunden.
Showroom-Termine, bei denen die neusten Trends, Styles und Kollektionen vorgestellt werden, gibt es noch immer. Die Auswahl der eingekauften Artikel wird mittlerweile jedoch über digitale Ordersysteme gesteuert. Auf einem Tablet klickt sich Dennis, der als Head of Category Premium Lifestyle bei uns arbeitet, daher jetzt durch die Kollektionen verschiedener Brands für die Sortimentsauswahl der kommenden Saison. Teilweise werden Orderprozesse in Kinoformat mit digitalen Working-Stations durchgeführt. Die Vorlaufzeit bei diesen Prozessen beträgt sechs bis neun Monate. Immer im Hinterkopf ist dabei die Analyse der vergangenen Saisons. Denn die Auswertung zeigt, was die Kund*innen gern kaufen, was vermehrt nachgefragt wird. Der eigene Geschmack tritt dabei in den Hintergrund, denn hier wird nicht für sich selbst geshoppt, sondern für elf Millionen User auf otto.de. Ihr Verhalten gibt Auskunft über Fragen wie: Was lief und läuft gut? Welche Artikel sollten auch in der nächsten Saison wieder angeboten werden? Welche Marken sind gerade beliebt?
Schritt für Schritt zum T-Shirt im Shop
Nach der Auswahl der Artikel, macht sich das Availability Mangement ans Werk und gibt eine Bestellung ab. Dabei wird die Anzahl der einzukaufenden Produkte festgelegt – auch hierbei ziehen die Kolleg*innen Analyse-Tools heran, die wichtige Orientierungswerte und Kennziffern liefern. Manche Farben sind bei Kund*innen zum Beispiel nicht mehr gefragt, einige Artikel laufen erfahrungsgemäß besser als andere. Das ist einer der Bereiche, in dem die Erfahrungen der Menschen der Künstlichen Intelligenz (KI) überlegen sind. Denn Dennis und seine Kolleg*innen im Category und Availability Management haben einen klaren Vorteil: langjährige Expertise, ein Gespür für Qualität und sie kennen Marken aus dem Effeff. „Bei der Bewertung der Textilien setzen wir auf die hochwertigen Standards der Partner sowie auf ein geschultes Auge, das bei Materialangaben weiß, wie sich ein Artikel anfühlen wird“, sagt der 41-Jährige. Technik hilft, aber der Mensch bleibt wichtig.
Nach der Order produziert die Brand erst einmal die gesammelten Mengen und Dennis kümmert sich um andere Themen. Denn nach der Order ist vor der Order: Es wird üblicherweise in drei verschiedenen Saisons parallel gearbeitet. Während der laufenden Saison wird die nächste geordert und die darauffolgende schon geplant – parallel dazu laufen die Analysen der vergangenen Saison.
Außerdem macht sich Dennis daran, Bildmaterial und Informationen der georderten Artikel zusammenzustellen. Das Bildmaterial kommt heute meist von den Partnerbrands über Cloud Systeme – früher wurde alles selbst geshootet und angelegt. Undenkbar in der heutigen Zeit und bei dem stark gewachsenen Bedarf mit inzwischen mehr als 1200 verschiedenen Marken allein im Bereich Fashion auf otto.de. Dieser Content, den die Marken liefern, wird im nächsten Schritt mit wichtigen Daten angereicht: Denn damit Kund*innen beim Einkaufen auf otto.de auch finden, was sie suchen, benötigt jedes Teil Content-Daten, die man sich wie Schlagworte für einen Filter vorstellen kann – das hilft, damit bei der Suche nach einem T-Shirt kein Blazer in den Suchergebnissen auftaucht. „Heute ist alles schneller und viel digitaler. Außerdem greifen wir viel mehr auf Erfahrungswerte, Wettbewerbsbeobachtung und Analysen zurück, um unser Sortiment zu gestalten. Auch die Marken, bei denen wir einkaufen, liefern viel mehr Informationen und Content zu den Produkten mit als früher, denn sie wissen, was für Informationen Category Manager gegenüber dem Kundenstamm kommunizieren. So wird sichergestellt, dass die Ausspielung auf otto.de bestmöglich gestaltet wird“, erklärt Dennis im Interview.
Sobald ein Artikel im Lager ankommt, wird dieser live auf otto.de gestellt, ist also auf otto.de verfügbar. Das geht so schnell, weil die Vorarbeit schon längst geschehen ist und Daten wie Bilder und Artikeldetails schon bereitstehen. Zwischen Bestellung und Wareneingang liegen zwischen sechs und neun Monate. Automatisch tauchen die Artikel nun auf verschiedenen Flächen im Shop oder in Werbeanzeigen auf.
Und was ist mit OTTO als Marktplatz?
Wie passt es zusammen, dass wir als OTTO selbst Produkte verkaufen und die gleiche Marke auf otto.de ähnliche oder gleiche Produkte anbietet und die Abwicklung selbst übernimmt? „Man kann das als eine Erweiterung des Sortiments sehen – der Partner bietet vielleicht andere Artikel an, die wir so nicht eingekauft hätten“, lautet Dennis Antwort auf die Frage zum Marktplatz.
Es mache ihm viel Spaß zu sehen, wie sich die Branche und sein Job verändert hat, sagt Dennis. Die Digitalisierung bringt viele neue Möglichkeiten hervor, um ein Sortiment noch besser auszugestalten. „Außerdem ist es spannend, zu verfolgen, wie die Menschen da draußen sich kleiden und das mitzuverantworten.“