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KI-Spezialist Juri Pärn: „Expert*innen werden an Bedeutung gewinnen“
Kultur

KI-Spezialist Juri Pärn: „Expert*innen werden an Bedeutung gewinnen“

Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt nicht erst seit dem Aufstieg von Smartspeakern wie Google Home massiv an Bedeutung – auch im Onlinehandel.

Autor Ingo Bertram Lesedauer: 4 Minuten
Als Experte für „Natural Language Processing“ (NLP) kümmert sich Juri Pärn bei OTTO um die automatische Verarbeitung von Sprache. Was das bedeutet und warum er eine Expert*innenkarriere dem klassischen Karriereweg vorzieht, verrät er im Interview.

Juri, Du hast bei OTTO eine Expert*innenkarriere im Fachbereich „Natural Language Processing“ (NLP) begonnen. Was ist das und was umfasst dieses Thema?

JURI PÄRN: Mein Team und ich beschäftigen uns mit allen Themen rund um automatische Verarbeitung von Sprache, wobei das aktuell nur geschriebene Sprache umfasst. Wir haben beispielsweise einen Service entwickelt, der automatisch E-Mails, die in unserem Kund*innenservice ankommen, nach Inhalten klassifiziert. Dadurch kommen die Mails schneller an die richtigen Mitarbeiter*innen – und unsere Kund*innen bekommen schneller eine Antwort. In einem anderen Projekt haben wir einen Filter entwickelt, der automatisch die Beschreibungstexte von Produkten auf otto.de auf Rechtmäßigkeit prüft. Wenn also bei OTTO jemand massenweise Text effizient verarbeiten muss und das Verarbeiten eine gewisse „Intelligenz“ erfordert, kann und sollte sie*er uns ansprechen.

Wie bist du zum Experten geworden?

Ich habe mit meiner Führungskraft gesprochen und gesagt, dass ich mich weiterentwickeln will. Ich wusste damals schon, dass es Expert*innen bei OTTO gibt, war mir aber nicht so sicher, ob eine solche Rolle das Richtige für mich ist. Gemeinsam haben wir uns dann das Programm näher angesehen – und sind beide zum Schluss gekommen, dass es durchaus ganz gut zu mir passen würde, auch weil es zu dem Zeitpunkt noch keine*n NLP-Expert*in bei OTTO gab.

Und wie gings dann weiter?

Ich habe Bewerbungsunterlagen bei unserem Expert-Team eingereicht und dargelegt, warum ich gern Experte werden möchte, was das Unternehmen davon hat und wie ich mein Fachgebiet mit Leben füllen will. Anschließend habe ich ein Assessment durchlaufen und noch einen Fachvortrag vor einem internen Gremium gehalten. All das ist fester Bestandteil für alle, die einen solchen Karriereweg einschlagen möchten.

Warum hast du dich überhaupt für eine Expert*innenkarriere entschieden?

Ich finde das Gebiet der Sprachverarbeitung durch Algorithmen super spannend und bin entschlossen, dieses Thema hier voranzubringen. Wenn man sich nur vorstellt, wie viele Sachen einfacher wären, wenn wir mit Computern (fast) wie mit Menschen reden könnten!

Um das voranzubringen, hättest du aber ja auch eine klassische Führungsposition einnehmen können.

Nicht unbedingt. Um das Thema fachlich treiben zu können, ist eine Expert*innenkarriere meiner Meinung nach viel besser geeignet. In dieser Rolle bin ich ja explizit eine fachliche Führungskraft, ich „führe“ also Themen und kann mich auf diese fokussieren, ohne den organisatorischen Aufwand zu haben, den die Abteilungs- oder Bereichsleitung hat. Als Experte tue ich meine Meinung kund und bin in den relevanten Prozessen der Entscheidungsfindung beteiligt, aber ich kann zum Beispiel nicht entscheiden, dass Kolleg*innen sofort an einem Thema arbeiten sollen.

Juri Pärn Ich „führe“ Themen und kann mich auf diese fokussieren - ganz ohne organisatorischen Aufwand

Juri Pärn , Experte für „Natural Language Processing“ (NLP) bei OTTO

Wie unterscheidet sich dein jetziger Arbeitsalltag zum Arbeitsalltag davor?

Inhaltlich hat sich gar nicht so viel geändert, allerdings ist meine Rolle im Zusammenspiel mit den Führungskräften jetzt eine andere – und ich nehme an Fortbildungen für Führungskräfte teil. Ich persönlich finde das richtig gut, da man in diesen Fortbildungen viele interessante Sachen lernt. Konstruktive, aber dennoch kritische Gesprächsführung etwa. Meiner Meinung nach rundet dies das Profil eines*r Expert*in ab. Des Weiteren habe ich jetzt auch explizit Zeit, mich in dem Thema weiterzubilden.

Expert*innen sind bei OTTO bereichsübergreifend als Ideengeber*innen und Sparringspartner*innen eingesetzt. Wie erlebst du persönlich diesen bereichsübergreifenden Einsatz?

Ich werde bislang hauptsächlich als Ideengeber angefragt, weniger als Sparringspartner. Auch erfolgt die erste Kontaktaufnahme in meinem Fall häufig noch von mir, nicht von den Fachabteilungen. Das muss beides noch besser werden, was aber auch viel damit zusammenhängt, die Expert*innen im Haus und darüber hinaus bekannter zu machen. Und daran arbeiten wir ja jetzt. 😉 Davon abgesehen finde ich es wirklich immer wieder spannend und überraschend, welche Bereiche es bei OTTO gibt, was die alles machen und wie man NLP in diesen Bereichen einsetzen kann, um unseren Kund*innen oder auch Kolleg*innen das Leben leichter zu machen.

Glaubst du, dass Expert*innen-Karrieren zukünftig an Bedeutung gewinnen werden?

Da bin ich mir absolut sicher. Viele unserer Themen haben mittlerweile so eine Tiefe bekommen, dass sie nicht einfach „nebenbei“ mitbearbeitet werden können. Deshalb werden nicht nur bei OTTO, sondern vermutlich auch in anderen, vergleichbaren Unternehmen künftig zunehmend Expert*innen benötigt werden, die Spezialist*in in ihrem Thema sind, dieses aktiv vorantreiben und in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Da ist bei uns noch Luft nach oben, aber ich bin der festen Überzeugung, dass sich das zeitnah ändern wird.

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