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Hamburg Pride Week: Wie ernst sind OTTO queere Themen?
Kultur

Hamburg Pride Week: Wie ernst sind OTTO queere Themen?

Über interne Veranstaltungen zur Hamburg Pride Week und die Zusammenarbeit mit Albert Kehrer

Autor Francesco Di Bari Lesedauer: 4 Minuten
Auf dem Christopher Street Day (CSD) in Hamburg wird am 6. August für die Rechte der LGBTIQ*-Community demonstriert. Auch das queere OTTO-Netzwerk MORE* macht mit. Doch ab wann steht ernsthaftes Engagement dahinter? Um das nachhaltig aufzuklären, hat sich MORE* den Experten Albert Kehrer der PROUT AT WORK-Foundation dazu geholt.

In Hamburg findet vom 30. Juli bis 7. August die Pride Week statt, eine Aktionswoche, die auf die Interessen von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans und queeren Menschen (LGBTIQ*) aufmerksam macht. Höhepunkt ist der CSD in der Hamburger Innenstadt. OTTO und das queere OTTO-Netzwerk MORE* nehmen an der Demonstration mit einem eigenen Truck teil.

Zusätzlich schafft MORE* durch interne Veranstaltungen auf dem OTTO-Campus eine ernsthafte inhaltliche Auseinandersetzung mit LGBTIQ*-Themen – vor und nach der Pride Parade. Dazu organisiert das Netzwerk unter anderem eine selbstkritische Panel-Diskussion mit Bereichsvorständin Katy Roewer, bonprix-Chef Richard Gottwald und EOS-CEO Marwin Ramcke. Auch Albert Kehrer, Vorstand der PROUT AT WORK-Foundation, nimmt an der Diskussion teil.

Im Gespräch mit Albert Kehrer

Du berätst Unternehmen zu Diversity Management und Unconscious Bias, also unbewussten Vorurteilen. Was meinst du, ist die Teilnahme von Unternehmen am CSD sinnvoll oder nicht?

Albert Kehrer: Für mich ist der CSD eine wichtige Demonstration. Wenn wir uns konservativere Bewegungen in Deutschland ansehen oder bereits nach Osteuropa oder Amerika blicken, wird deutlich, dass unsere Rechte nicht in Stein gemeißelt sind. Wir müssen immer wieder darauf aufmerksam machen, dass es bei unseren Rechten um Menschenrechte geht. Der CSD aber, ist keine Demonstration im klassischen Sinne, denn er ist bunt. Das macht es für viele vielleicht schwierig, den CSD zu verstehen und zu akzeptieren. Sinnlos wird die Veranstaltung dadurch aber nicht.

Albert Kehrer, Mit-Stifter und ehrenamtlich Vorstand bei PROUT AT WORK Der CSD aber, ist keine Demonstration im klassischen Sinne, denn er ist bunt.

Albert Kehrer, Mit-Stifter und ehrenamtlich Vorstand bei PROUT AT WORK

Warum braucht es Unternehmen, die sich für die LGBTIQ*-Community einsetzen?

Da gibt es meiner Meinung nach zwei Sichtweisen. Unternehmen wollen sich rein aus Employer-Branding-Sicht als attraktiver Arbeitgeber präsentieren. Diese LGBTIQ*-Freundlichkeit muss aber auch tatsächlich existieren, das heißt es muss ein echtes Interesse da sein, für alle Menschen Chancengleichheit zu bieten – denn Unternehmen haben im politischen Umfeld mehr Marktmacht als kleine NGOs. Daher ist es wichtig, dass Marken, die LGBTIQ*-Themen ernst meinen, das auch nach außen sichtbar machen und sich zu Themen wie dem Blutspendeverbot, dem Selbstbestimmungsgesetz und allen anderen LGBTIQ* relevanten Menschenrechtsthemen positionieren und engagieren, also zu Corporate Advocates werden.

Was glaubst du, inwiefern sich die Erfahrungen queerer und heterosexueller Menschen im Berufsalltag unterscheiden?

Wir bewegen uns in einer heteronormativen Welt und gehen üblicherweise immer davon aus, dass unser Gegenüber heterosexuell ist. Indirekt wird LGBTIQ*-Menschen dadurch gesagt: „Ihr seid nicht normal. Ihr entsprecht nicht der Norm.“ –obwohl sie sich ebenso in dieser Welt bewegen, wie alle anderen auch. Wenn wir LGBTIQ*-Themen Teil der Alltagsgespräche werden lassen und Menschen die Möglichkeit geben, sich für diese Themen zu interessieren, generieren wir eine Welt, in der sich die LGBTIQ*-Community nicht immer rechtfertigen muss. Der Druck, den Menschen beispielsweise vor einem Coming-out verspüren, ist teilweise enorm hoch. Diesen durch aktive Unterstützung zu nehmen, ist Gold wert. Das hören wir bei PROUT AT WORK immer wieder.

Woran machst du fest, ob Unternehmen es mit ihrem Engagement ernst meinen?

Ob ein Unternehmen es mit dem Engagement ernst meint, kann von außen erst nach ein paar Jahren festgestellt werden. Wie oft ist das Unternehmen zu LGBTIQ*-Themen sichtbar? Nur rund um den CSD oder auch während des Jahres? Gibt es ein LGBTIQ*-Netzwerk, das auch mit Budget vom Unternehmen unterstützt wird? Gibt es geoutete Führungskräfte im Unternehmen, die das Unternehmen auch nach außen repräsentieren? Verwendet das Unternehmen eine inklusive Sprache? Das sind viele kleine Aspekte, die sich zu einem Gesamtbild aufaddieren.

Was hat sich seit Beginn der Zusammenarbeit mit OTTO getan? Womit bist du zufrieden, wo siehst du noch Potenzial?

Wir sehen OTTO nur von außen, aber es macht Spaß zu sehen, an wie vielen Stellen bei OTTO im Unternehmen was passiert. Gesa als Out Executive, das Netzwerk MORE*, eure Podcastfolgen zu LGBTIQ*-Themen, dann noch die Sichtbarkeit beim CSD über Jahre hinweg und die Unterstützung unseres Positionspapiers zum Blutspendeverbot. Ich wünsche mir, dass euch die Luft nicht ausgeht, dass ihr immer wieder dranbleibt an dem Thema, auch wenn wir alle mal meinen, die Welt ist schon perfekt.

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