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Der Irrtum vom guten Papier
Kultur

Der Irrtum vom guten Papier

Die Plastikversandtasche hat kein gutes Images – zu unrecht. Wir erklären warum und zeigen darüber hinaus wie der Lebenszyklus einer solchen Versandtasche aussieht

Autorin Viktoria Rüpke Lesedauer: 5 Minuten
Plastik ist schlecht, Papier ist gut. Darauf kann sich die Gesellschaft in einem breiten Konsens einigen. Aber ist es wirklich so einfach und gilt die Aussage im Kampf gegen den Plastikmüll wirklich immer und überall?

Vor zwei Wochen hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zum Verbot von Plastiktragetaschen auf den Weg gebracht, sie fallen jetzt unter das Baseler Abkommen – und gelten damit quasi als Sondermüll. „Das macht Sinn“, denken sich die meisten Verbraucher*innen, gilt doch Plastik als Umweltsünde Nummer eins. Stutzig könnte bereits werden, wer den weiteren Ausführungen zum Thema von Umweltministerin Svenja Schulze lauscht, nach denen jedoch auch Papiertüten keine gute Alternative sind – sondern eine „wirkliche Mogelpackung“ und mehr Plastik als Bio.

Die aufgeheizte Plastikdiskussion

Ähnliches gilt für Versandtaschen, die bei jedem Onlinehändler zum Einsatz kommen, so auch bei OTTO. In der E-Commerce-Branche findet sich ein breites Spektrum an Modellen, viele setzen auch hier auf feste Papiertüten – das „Öko-Image“ steht und der*die Verbraucher*in freut sich. Das schlechte Gewissen, durch eine Bestellung zum Plastikmüll beigetragen zu haben, ist beruhigt. Denn in der aufgeheizten Plastikdiskussion gilt Papier derzeit vielen noch als „nachhaltige“ Alternative; Holz ist ein nachwachsender Rohstoff.

Benjamin Köhler Durch den Einsatz von recycelten Materialien spart OTTO jedes Jahr 150 Tonnen Kunststoff aus so genannten Primärquellen, also Rohöl, ein.

Benjamin Köhler , Leiter Corporate Responsibility OTTO

„Möchte man ein grünes Gewissen haben und Plastik durch Papier ersetzen muss man jedoch auch immer die Ökobilanz im Auge behalten und die ist – wenn es um Versandtaschen geht – derzeit bei recyceltem Plastik besser als bei Papier aus Frischfasern“, erläutert Benjamin Köhler, Leiter Corporate Responsibility bei OTTO. Papier hat zwar ein besseres Image, aber bei der Herstellung muss sehr viel Energie aufgewendet werden – eine Tonne Papier aus Frischfasern herzustellen kostet ungefähr so viel Energie wie die Produktion einer Tonne Primärstahl, berechnete das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.

Waschen, bleichen, pressen, trocknen

Um aus Holz Papier werden zu lassen, wird es aufwändig verarbeitet – es muss gewaschen, gebleicht, gepresst und getrocknet werden. Daher ist die Produktion von Papier nicht nur sehr energieintensiv, sondern verbraucht auch sehr viel Wasser und zudem müssen in der Herstellung eine Vielzahl von Chemikalien eingesetzt werden. Zwar wird in Deutschland bereits ein hoher Anteil des Papiers aus Altpapier hergestellt, was wesentlich umweltverträglicher ist. Allerdings ist der Altpapieranteil in den verbrauchten Papierprodukten nicht so hoch wie der Altpapieranteil in den hergestellten Produkten. Das bedeutet also, dass Deutschland mehr als die Hälfte seiner Recyclingprodukte exportiert und in anderen Bereichen Papier aus frischen Fasern importiert.

Ein weiteres Problem ist die Wiederverwendbarkeit von Papiertüten. Beim Lebensmitteleinkauf im Supermarkt halten die Modelle aus recyceltem Altpapier den Anforderungen stand. Für den Versand im E-Commerce muss aber gewährleistet sein, dass diese wasserabweisend und reißfest sind, um die Ware darin zu schützen.

Bei OTTO kommen daher Versandtaschen zum Einsatz, die zu 80 Prozent aus recyceltem Kunststoff bestehen und anschließend wieder dem Recyclingkreislauf zugeführt werden können. „Entscheidend ist also auch, dass die Kund*innen die Versandtaschen richtig entsorgen und somit einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass das Plastik nicht in den Meeren landet“, so Ben.

Versandtüte aus recyceltem Plastik

Die Grafik zeigt, dass der recycelte Kunststoff aus Abfällen gewonnen wird, um daraus wiederum neue Materialien (zertifiziert mit dem Umweltzeichen Blauer Engel) herzustellen. Ein wichtiger Aspekt bei recyceltem Plastik ist zudem, sortenreine Inhaltsstoffe zu verwenden, um garantieren zu können, dass der Recyclingkreislauf immer wieder von vorne beginnen kann und nicht nach dem zweiten oder dritten Mal Versandtaschen von schlechterer Qualität entstehen. So wird für das verwendete Plastik immer wieder aufs Neue ein „nächstes Leben“ möglich und das Plastik im Kreislauf gehalten. Durch den Einsatz von recycelten Materialien spart OTTO jedes Jahr 150 Tonnen Kunststoff aus so genannten Primärquellen, also Rohöl, ein.

Alternativen zu rohölbasierten Kunststoffen

Daher geht auch der Blick in die Zukunft hin zu neuen Materialien, die eine Alternative zu rohölbasierten Kunststoffen darstellen, wie etwa eine Mehrweglösung. „Konkret bedeutet dies, es werden in naher Zukunft Mehrwegsysteme getestet, die es ermöglichen, Verpackungen in der Wiederverwendung zu halten, sodass diese über viele Jahre hinweg im Umlauf gehalten werden können“, erläutert Ben. „Damit kann ein erheblicher Beitrag zur Minimierung der Abfallmengen geleistet werden.“

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